„So, wie es ist, bleibt es nicht!“*
Kapitalismus überwinden — Für eine Welt jenseits von Krieg und Krise
Auch im Jahr 2014 scheint Alles beim Alten:
Die BRD setzt ihre Interessen weiter im neoliberalen Projekt „Europäische Union“ auf umfassende und brutale Art und Weise durch. Gleichzeitig gehen von deutschem Boden auch 100 Jahre nach dem Anzetteln des 1.Weltkrieges und 75 Jahre nach dem Überfall auf Polen weiter Kriege aus. Sei es durch direkte Eingriffe vor der Küste Somalias zum „Schutz“ deutscher Handelsrouten und damit zur Durchsetzung deutscher Wirtschaftsinteressen oder indirekt, wie im Syrien-Konflikt, mit der Billigung und Unterstützung der Stationierung von Patriot-Raketen nahe der syrischen Grenze.
Es wird deutlich: Phänomene, die dem Kapitalismus inne wohnen, wie Krise und Krieg, faschistische und rassistische Mobilmachung sowie die fortschreitende Umverteilung von Unten nach Oben machen sich immer bemerkbarer. Gewählt werden soll auch wieder in diesem Jahr. Sowohl für den Freiburger Stadtrat als auch fürs EU Parlament sollen wir unsere Stimme abgeben. Das allein reicht aber nicht! Wir müssen uns Tag für Tag gegen das kapitalistische System und für ein selbstbestimmtes Leben einsetzten!
Kapitalismus überwinden — Für eine Welt jenseits von Krieg und Krise
Weil der Kapitalismus die Krise ist…
Während im Süden Europas die Krise durchschlägt, was zum Einen zu Massenarbeitslosigkeit und Protesten gegen die rigiden Sparmaßnahmen, zum Anderen aber auch zu einem Erstarken der faschistischen Bewegung führt, bleiben die Proteste in der BRD ruhig, zu ruhig. Ein Ausbrechen aus diesem Verharren in der Regungslosigkeit beschränkt sich fast ausschließlich auf die Blockupy-Krisenproteste anlässlich des Neubaus der Europäischen Zentralbank. Die EZB ist neben dem Internationalen Währungsfond (IWF) und der EU-Kommission, Teil der sogenannten „Troika“ — dem Instrument, mit dem die BRD „deutsche“ Interessen innerhalb der EU durchsetzt. Andere Formen imperialistischer Einflussnahmen sind längst ebenso wichtig wie kriegerische Interventionen. In Europa wird eben doch Deutsch gesprochen. Die Bundesrepublik setzt als wirtschaftlich vorherrschende Macht, innerhalb der EU ihre autoritären Krisenlösungen durch, kann sich aber zugleich im Wirtschaftsverbund gegen Großmächte wie Russland oder die USA behaupten. Im Umgang mit der sogenannten „Staatsschuldenkrise“, der „Eurokrise“ und den „Pleitegriechen“ wird der Einfluss nationaler Parlamente zurückgedrängt. Nach dem Willen der BRD soll, den im chauvinistischen Sprech als „Pleitestaaten“ betitelten Ländern, ein EU-Kommissar vor die Nase gesetzt werden, der in die Haushaltsplanungen eingreifen kann und die Einhaltung zutiefst unsozialer „Sparmaßnahmen“ kontrollieren soll. In Griechenland hat die „Troika“ das Sparpensum vorgegeben: 13,5 Milliarden Euro sollten allein 2012 „eingespart“ werden
Unter dem Credo „Sparen! Sparen! Sparen!“ werden die regierenden Parteien Europas aller Couleur nicht müde, den Menschen einzutrichtern, dass sie über ihre Verhältnisse gelebt hätten.
Gegen diese Angriffe auf ihre Lebensverhältnisse wehrt sich vor allem in Griechenland, Spanien, Italien oder Portugal, ein Teil der betroffenen Gesellschaften. Denn die weitere Umverteilung von Unten nach Oben durch das Verteilen der Krisenlasten auf dem Rücken des Großteils der Gesellschaft lassen sich viele nicht mehr bieten. Leistungskürzungen, Anhebungen des Renteneintrittsalters, Kürzungen von Renten und umfassende Privatisierungen werden nicht mehr als angeblich „notwendiges Übel“ akzeptiert, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. In Griechenland etwa lehnen sich Tausende Menschen gegen das aufoktroyierte Spardiktat auf, das massenhafte Entlassungen im öffentlichen Sektor, Kürzungen von Sozialleistungen oder die Erhöhung des Renteneintrittsalters vorsieht. Auch in Spanien nehmen die Menschen die Folgen der neoliberalen Krisenpolitik nicht mehr ohne Widerspruch hin, denn die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei knapp 50%, die Immobilienpreise steigen und allein im Großraum Madrid gibt es täglich 50 Zwangsräumungen von Wohnungen, bei gleichzeitigem Leerstand von sechs Millionen Wohungnen. Vor dem Hintergrund der Zuspitzung kapitalistischer Widersprüche und weiterer Zumutungen üben Europäische Polizeien den Schulterschluss: In ganz Europa bereiten sich die Sicherheitsapparate auf Soziale Unruhen vor, die Befugnisse der Sicherheitsapparate werden schleichend weiterausgebaut. Wie es um „Demokratie“ in der BRD bestellt ist zeigen das skandalöse Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Militäreinsätzen im Innern oder die gemeinsame Übung der deutschen Polizei und der paramilitärischen französischen Gendamarie anlässlich der auch 2014 geplanten Blockupy-Krisenproteste. Bereits 2012 und 2013 sahen sich die Aktivisten mit massiver Polizeischikane und Polizeigewalt bis hin zur Zerschlagung von Demonstrationen konfrontiert.
Auch in der BRD klafft die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Während die Schulden der Ärmsten sich vermehren, nimmt das Vermögen des reichsten Teils in der BRD immer weiter zu. Business as usual im Kapitalismus eben. Dass „die Krise“ in Deutschland bisher noch nicht voll durchgeschlagen hat, liegt neben dem aggressiven BRD-Imperialismus auch an anderen Gründen: Die von SPD und Grünen durchgesetzte Agenda 2010 leitete den bis dato tiefsten sozialen Einschnitt in der Geschichte der BRD ein, mit dem diese „fit“ gewirtschaftet werden sollte. Mit Verweis auf die Globalisierung und dem angeblich drohenden Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland wurde jede soziale Unzumutbarkeit und jeder Stellenabbau gerechtfertigt und dabei freilich verschwiegen, dass die BRD diese „Reformen“ innerhalb der EU maßgeblich angetrieben hatte. Damit wurde eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, welche alle EU-Länder unter Druck setzt, den sozialen Kahlschlag noch rücksichtsloser umzusetzen als die jeweiligen Nachbarländer. Die Gesundheitsreform, die Hartz-Reformen, die Erhöhung des Renteneintrittsalters und der Anstieg prekärer Beschäftigungsverhältnisse, wie etwa Leiharbeit, lassen uns die Auswirkungen dieser Politik deutlich spüren. Der erzwungene Staatsumbau in Griechenland macht vor, was überall auf der Welt im Bereich des Möglichen liegt und bestimmt auch noch auf uns zukommt. Unter dem Banner von „Wir müssen den Gürtel enger schnallen“ scheint alles möglich. Der Süden Europas kann ein Lied davon singen.
und weil zum Kapitalismus eben die Kriege gehören…
Aber das „fit-wirtschaften“ der europäischen Peripherie ist einigen Scharfmachern und geistigen Brandstiftern noch lang nicht genug, munter wird von einer Rückbesinnung auf nationale Interessen geträumt.
2014 fordert der Bundespräsident der BRD ein neues „deutsches“ Selbstbewusstsein in der Welt:
Zupacken statt zuschauen bedeutet für den Antikommunisten Gauck direkte Eingriffe vor der Küste Somalias zum „Schutz“ deutscher Handelsrouten und zur Durchsetzung deutscher Wirtschaftsinteressen . Oder die Billigung und Unterstützung der Stationierung von Patriot-Raketen in Syrien. Unverhohlen fordern Außenpolitiker militärische und wirtschaftliche Interessen gemeinsam zu denken. Die Ablehnung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr wird als bequemes und privilegiertes „Recht auf Wegsehen“ diffamiert. Dahingegen will sich die BRD als Retter der Menschenrechte und humanitärer Heilsbringer in aller Welt verstanden sehen.
Der Konkurrenzgedanke und die Auseinandersetzung um Rohstoffe und Ressourcen gehören zum Kapitalismus und machen Kriege zu einem integralen Bestandteil dieses Wirtschaftssystems. Eine antimilitaristische Praxis ist unerlässlich, denn hier treten Widersprüche des Kapitals offen zu Tage. Gerade hier, im Herzen des autoritären Krisenregimes, gilt es solidarisch zu sein mit den Menschen, deren Ländern für Kapitalinteressen zerbombt werden und sich dabei noch mit einem Geschwätz von „Menschenrechten“, Demokratie und Emanzipation konfrontiert sehen.
bleibt uns nur: Aktiv werden…
Es gibt auch hier allen Grund auf die Straße zu gehen und für eine bessere Welt zu kämpfen: Wir schauen einer unsicheren Zukunft entgegen; das Renteneintrittsalter wird schrittweise weiter angehoben, prekäre Beschäftigungsverhältnisse nehmen zu, ganze Stammbelegschaften werden abgebaut, Produktion in „rentablere“ Umgebungen verlegt — die Liste ließe sich noch unbegrenzt fortführen.
Solidarisch sein…
Die Krise verleiht chauvinistischen Hetzern Auftrieb. Ressentiments und Ängste vor dem Sozialen Abstieg werden sowohl von sogenannten „Euroskeptikern“, als auch von offen rechtspopulistischen Kräften geschürt. Von der Abgrenzung gegenüber den Ineffizienten, Faulen und Schmarotzern zur Anfeindung von Geflüchteten, Migranten oder Roma ist es nicht mal ein Katzensprung. Es gilt den neoliberalen Spaltungsversuchen entlang rassistischer und sozialdarwinistischer Hetze unsere internationale Solidarität entgegenzuhalten. Es gilt solidarisch zu sein: Mit den Leuten, die aufgrund der Unzumutbarkeiten des Kapitals nach Nordeuropa in eine unsichere Zukunft getrieben werden und mit all jenen, die aufgrund aufoktroyierter Sparmaßnahmen ihrer Lebensgrundlagen beraubt werden.
uns organisieren…
In einer Gesellschaft, die sich von jeglichen Utopien verabschiedet hat muss es zunächst gelingen klassenkämpferische und antikapitalistische Positionen wieder salonfähig zu machen. Dafür müssen wir als revolutionäre Linke aus unserem Elfenbeinturm herabsteigen und wieder Teil werden von konkreten Klassenauseinandersetzungen. Nur so kann es gelingen, der Privatisierung und der umfassenden Ökonomisierung unserer Lebensbereiche einen Dämpfer zu verpassen. Nur durch internationale Solidarität können wir uns der rassistischen Spaltung oder faschistischen Mobilmachungen effektiv entgegenstellen. Wir müssen die Soziale Frage wieder verstärkt auf die Agenda unserer Politik stellen, klar antimilitaristische und friedensbewegte Positionen beziehen und einer imperialistischen Einflussnahme den Kampf anzusagen.
und unsere Seite aufbauen!
Kollektiv, solidarisch und organisiert können wir zum Einen versuchen, Schulter an Schulter die Angriffe auf unsere Lebensbedingungen abzuwehren, zum Anderen aber die Systemfrage wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Ein Ausbrechen aus unserer Defensive gelingt jedoch nicht, wenn wir uns ohne Blick auf die Realität lediglich unserer eigenen Radikalität zu versichern versuchen. Freilich gilt es, klar Position zu beziehen, aber eben als Teil von stattfindenden Auseinandersetzungen um weitergehende Forderungen in dieselben zu tragen. Und das natürlich gerade auch innerhalb der Gewerkschaften. Leider müssen wir feststellen, dass auch unsere Gewerkschaften in der derzeitigen Verfassung eine Stütze des Status Quo sind, was nicht zuletzt an der Politik der Gewerkschaftsführungen, der auch von ihnen verbreiteten Ideologie der Sozialpartnerschaft sowie deren Verquickung mit den Agenda 2010-Parteien, insbesondere der SPD, liegt. Daraus leiten wir für uns jedoch keinen Abgrenzungswahn zum DGB oder einen selbstgefälligen Rückzug in das warme Nest einer „linken Szene“ ab. Lasst uns gemeinsam für eine Perspektive jenseits von Kapitalismus und Krieg eintreten! Lasst uns gemeinsam unseren Widerstand am Kampftag der Arbeiterklasse auf die Straße tragen!
Für eine solidarische Gesellschaft!
(*Bertold Brecht – Lob der Dialektik)
Kasten „Blockupy„
Kasten: Blockupy
Bereits in den vergangenen beiden Jahren haben Blockupy und besonders die Repression dagegen gezeigt welche Notwendigkeit Krisenproteste auch hierzulande haben. Das Ziel ist ganz klar: Die Kämpfe gegen das europäische Spardikatat und gegen die Ökonomisierung müssen „in‘s Herzen der Bestie“ getragen werden. Das Frankfurt als internationales Finanzzentrum hierfür ein richtiger Ort ist, war an der immensen Angst der Staatsmacht abzulesen. Um jeden Preis sollte verhindert werden, dass sich strömungsübergreifender Widerstand bildet. Doch 2014 ist es soweit: Der Neubau der Europäischen Zentralbank soll im Herbst feierlich eröffnet werden. Wir werden diesen Staatsakt nicht einfach hinnehmen sondern deutlich machen welche wichtige Rolle der EZB als Teil der Troika bei den Sparauflagen, Sozialkürzungen und Verarmungsprogrammen spielt.
Doch Blockupy ist längst mehr als der abstrakte antikapitalistische Protest in Frankfurt. In vielen Städten haben sich Blockupy-Bündnisse gegründet, die viele unterschiedliche Akteure an einen Tisch bringen. Denn die Krise ist trotz allen gegenteiligen Beteuerungen im Alltag vieler Menschen konkret spürbar. Wir möchten daher auch in Freiburg die aktuellen Kämpfe in der Migrations– und Flüchtlingspolitik, die Kämpfe um ein Recht auf Stadt, gegen Rassismus und menschenverachtende Krisenlösungen aufgreifen. Geschehen wird dies unter anderem beim lokalen Mobilisierungskongress am 09. & 10. Mai in Freiburg. Eine europaweite Aktionswoche wird anschließend am 16. Mai mit einer Kundgebung und Fahrraddemonstration in Freiburg eingeleitet. Am 17. Mai werden wir von Freiburg aus mit dem Bus zu einer von bundesweit vier Großdemonstrationen nach Stuttgart mobilisieren. Und natürlich im Herbst 2014: Der EZB-Neueröffnung den roten Teppich weg ziehen!
Kasten:Es kann keinen Kompromiss geben: Zeitarbeit gehört abgeschafft und verboten, nicht „fair gestaltet!“
Der Ausbau des Niedriglohnsektors durch die Förderung der Leih– und Zeitarbeit ist zentraler Bestandteil der Agenda 2010-Politik. Diese bewusste politische Entscheidung der damaligen Bundesregierung aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen verfolgte systematisch das Ziel, tarifrechtlich geregelte Arbeitsverhältnisse zu unterlaufen und bestenfalls zu zerschlagen. Sprich: Wir sollen weniger verdienen und leichter gekündigt werden können. Zudem soll die Solidarisierung der Arbeitenden unterlaufen und damit gewerkschaftliche Organisation geschwächt werden. Wo im selben Betrieb gleiche Arbeit unterschiedlich bezahlt wird und unterschiedlicher Urlaubsanspruch sowie unterschiedliche Kündigungsschutzbestimmungen bestehen, wird die gemeinsame Interessenvertretung aus naheliegenden Gründen erschwert. Die Festarbeiter sollen so zu einer Art Arbeiteraristokratie erhoben und zugleich von offensiven Lohnforderungen abgehalten werden, indem man ihnen die prekär angestellten Leiharbeiter vor die Nase setzt, denen es noch beschissener ergeht. Tatsächlich trug die Agenda 2010 Früchte. Seit ihrer Verkündung im Jahr 2003 stieg die Anzahl der Leiharbeiter von 327.331 auf 908.113 im Jahr » 2012 (von der Bundesagentur für Arbeit ermittelte Zahlen, Stichtag jeweils der 30.06.). Viele wurden von der Bundesagentur gezwungen, in diesem Rahmen zu arbeiten. In der Industrie sind die Löhne für Stammkräfte über doppelt so hoch als für Leiharbeiter (Analyse “Der Reiz der Zeitarbeit” von Eva Roth, in: Berliner Zeitung vom 18.01.2011). Im Schatten dieser Entwicklung werden auch die „normalen“ Arbeitsverhältnisse immer mehr zu einer Zumutung. Gerade im öffentlichen Dienst ist dies spürbar: Wo Stellen im Rahmen des allgegenwärtigen Privatisierungswahns nicht gekürzt wurden, wird die Arbeitsbelastung mit Verweis auf die Billiglohnkonkurrenz zunehmend unerträglich. Die Vergabe von befristeten und kurzfristigen Arbeitsverträgen ist die Regel. Die Betroffenen werden in permanenter Unsicherheit gehalten und sind gezwungen, von Vertrag zu Vertrag zu hecheln, dabei schön stillzuhalten und auf ihre Urlaubs– und sonstigen tarifrechtlichen Ansprüche zu verzichten, um überhaupt auf die Verlängerung ihres Arbeitsverhältnisses hoffen zu können. Beispiel: Deutsche Post – ein Unternehmen, das Jahr für Jahr Reingewinne in Milliardenhöhe schreibt, Tendenz steigend, und fette Dividenden für seine Aktionäre abwirft: Vier ehemalige Zusteller brachten die Situation in einem
Leserbrief an die Badische Zeitung am 21.11.2012 auf den Punkt:
„Bezirke, die ständig vergrößert wurden, eine Paketanzahl, die durch das Internet immens zunimmt, steigende Sendungsmengen […]. 1990 hatte Laufenburg neun Bezirke und einen Paketbezirk, 2011 gab es noch sechs Bezirke und einen halben Paketbezirk. Es wurde aber in derselben Zeit in jedem Ortsteil ein Neubaugebiet erschlossen. Dadurch ist das Arbeitspensum nicht mehr zu bewältigen. Wenn man dies zur Sprache brachte, hieß es immer: ‚Sie können ja gehen, wenn es Ihnen nicht passt. Es warten zehn Leute vor der Tür auf Ihren Job.´“
Kasten: Das politische Streikrecht erkämpfen!
Die BRD verfügt im Vergleich der bürgerlichen Demokratien über das weltweit rückständigste Streikrecht: Streiks gelten nach der gängigen Rechtsprechung grundsätzlich nur im Fall des Scheiterns von Tarifverhandlungen und – falls vorher vereinbart – des Schlichtungsverfahrens als zulässig. Der Streik gilt nur als Mittel für Tarifauseinandersetzungen, und dann auch nur bei erfolgreicher Urabstimmung und Einhaltung von Friedenspflichten. Als ganz und gar illegal gilt der politische Streik. Allerdings gibt es für diese Auffassung keine gesetzliche Grundlage: Arbeitsrecht ist im wesentlichen Richterrecht, das durch Urteile entstanden ist. In Deutschland fußt die Auffassung, dass der politische Streik verboten sei, auf einem Gutachten und Urteil des Juristen Hans Carl Nipperdey, dem ersten Präsidenten des Kasseler Bundesarbeitsgerichts. Bereits während des Faschismus gehörte Nipperdey zu denjenigen Rechtswissenschaftlern, welche die Anpassung des Arbeitsrechts an die Nazi-Ideologie vorantrieben. 1937 veröffentlichte er in der juristischen Zeitschrift “Deutsches Arbeitsrecht” den Artikel “Die Pflicht des Gefolgsmanns zur Arbeitsleistung”. Sein Wirken in der Bundesrepublik stand voll und ganz in dieser Tradition und damit das westdeutsche Arbeitskampfrecht: In einem Gutachten zum Zeitungsstreik von 1952 gegen die Verabschiedung des Betriebsverfassungsgesetzes begründete Nipperdey das Recht auf Schadenersatz von bestreikten Unternehmen. Diese Auffassung setzte er auch 1958 als Vorsitzender Richter des Bundesarbeitsgerichtes im Urteil gegen den Grundsatz-Streik der IG Metall zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall als geltendes Richterrecht durch. Durch das Urteil wurde die IG Metall zur Zahlung von 38 Mio. DM Schadenersatz verdonnert. Auf dieses “Grundsatzurteil” berufen sich die Richter bis heute, wenn es darum geht, derlei Bestrebungen der Gewerkschaften schon im Keim zu ersticken. Der politische Streik, das wichtigste Instrument im Kampf unserer Klasse, wird dadurch kriminalisiert und zusammen mit den damit verbundenen Forderungen delegitimiert.
Es gilt, diese Auffassung zu durchbrechen. Der Solidaritätsstreik ist ein wirkungsvolles Mittel praktischer Solidarität,um der Vereinzelung entgegenzuwirken und den Forderungen streikender Kollegen Nachdruck zu verhelfen. Und der politische Streik ist eine Waffe, nicht zuletzt, um reaktionäre Bestrebungen abzuwehren. So konnte etwa die Durchführung des Generalstreiks im Jahr 1920 den Putsch faschistischer und andersartiger reaktionärer Generäle gegen die Weimarer Republik abwehren. Die Forderung nach dem politischen Streik erheben neben der Partei Die Linke endlich auch immer mehr Einzelgewerkschaften wie die IG BAU und ver.di.
Gemeinsam müssen wir dieses Recht erkämpfen.