Demo Am 5. November 2011 fand in Freiburg eine antikapitalistische Demonstration anlässlich des G20-Gipfels im französischen Cannes statt. Rund 800 Menschen beteiligten sich an der Aktion, die schon Wochen im Vorraus überregional und vielfältig beworben wurde. Wir haben versucht hier im Dreiländereck eine Demo mit internationalistischem und klassenkämpferischem Charakter zu organisieren. Neben dem Protest auf der Straße war uns auch die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Akteuren und Strukturen der 20 mächtigsten Industrie- und Schwellenländer sehr wichtig. Wir wollten aufklären über die Hintergründe dieser Treffen, die Krise des kapitalistischen Systems und die Auswirkungen der Politik des Zusammenschlusses „G 20“. Vor allem aber wollten wir die Angesprochenen ermutigen, ihre Zukunft selbst zu gestalten, zusammen mit anderen aktiv zu werden für eine Welt jeseits der kapitalistischen Realität.

Mit dieser Auswertung der antikapitalistischen Kampagne gegen den G20-Gipfel wollen wir unseren Reflektions-Prozess transparent machen, auch wenn dieser Prozess nach knapp zwei Wochen natürlich nicht abgeschlossen sein kann.

Im Vorfeld

Am 3. und 4. November 2011 fand in der französischen Stadt Cannes der G20-Gipfel statt. Da die globalisierungskritische Bewegung in diesem Jahr zu dezentralen Aktionen aufgerufen hatte, nahmen wir dies zum Anlass in Freiburg eine antikapitalistische Demonstration zu organisieren. Das Ziel sollte sein, so viele Menschen wie möglich aus Baden-Württemberg, Frankreich und der Schweiz, aber auch bundesweit zu mobilisieren und mit ihnen die Kritik an den herrschenden Zuständen auf die Straße zu tragen.

Dazu wurde ein Aufruf verfasst, übersetzt in türkischer, englischer und französischer Sprache. Andere Organisationen und Einzelpersonen hatten die Möglichkeit diesen Aufruf zu unterschreiben. So riefen letztendlich über 40 Unterstützer zu der Demonstration auf. Erfreulicherweise wurden sogar eigene Aufrufe mit Verknüpfung zur Thematik bspw. des Bildungsstreikbündnisses Freiburg verfasst. Es wurden Flyer, Plakate, Aufkleber und Aufrufe gedruckt, in unserer Stadt großflächig verbreitet und verschickt.

Ein weiterer zentraler Punkt der Kampagne war eine 16-seitige Broschüre, an deren Ausarbeitung die Antifaschistische Linke Freiburg (ALFR), die Antifaschistische Linke Bühl-Achern (ALBA) sowie die Gruppe 76 Rastatt/Murgtal beteiligt waren. Außerdem wurde eine Präsentation erstellt, die es ermöglichte, dass in mehreren Städten Infoveranstaltungen stattfanden. So z.B. in Freiburg, Stuttgart, Düsseldorf, Mannheim und Gaggenau.

In den bürgerlichen Medien fand unsere Demonstration im Vorfeld, anders als danach, leider keine Beachtung. Einen ankündigenden Artikel gab es lediglich in der linken Tageszeitung „Junge Welt“. Über die Gründe können wir nur spekulieren. Zum einen kann es an der unzureichenden eigenen Pressearbeit gelegen haben, zum anderen aber natürlich auch am Desinteresse der bürgerlichen Medien an offensivem antikapitalistischem Protest. Bei den nächsten Aktionen wird dies herauszufinden sein.

Der Tag

Am Tag selber gab es dann in vielen Städten Zugtreffpunkte. Aus Stuttgart wurde eine gemeinsame Anreise mit dem Bus organisiert. Bereits um 13 Uhr fanden sich die ersten Demonstrationsteilnehmer am Platz der Alten Synagoge ein und im Laufe der Zeit wurden es immer mehr. Kurz vor 14 Uhr kam dann auch der Lautsprecherwagen. Die Verhandlungen mit der Polizei vor Ort verliefen trotz Nicht-Anmedlung der Demo recht unproblematisch. Nach ein paar Begrüßungsworten der Demo-Moderatoren und der Ansage der EA-Nummer folgten auch schon die ersten Redebeiträge.

Den Anfang machte eine Sprecherin der Antifaschistischen Linken Freiburg (ALFR). Anschließend hielten die Parti de Gauche (französische Schwesterpartei der Partei „DIE LINKE“) und der Revolutionäre Aufbau Schweiz jeweils einen Redebeitrag. Desweiteren wurden ein Grußwort des Protestbündnisses gegen Petersberg II, welches gegen die Afghanistan-Konferenz Anfang Dezember 2011 in Bonn mobilisiert, sowie eine Solidaritätserklärung für den in Haft sitzenden Stuttgarter Antifaschisten Chris verlesen.

Nachdem die Auftaktkundgebung beendet war, setzte sich die Demo mit 800 Teilnehmern in Bewegung. Viele Menschen trugen Fahnen oder hatten Transparente mitgebracht, auf denen antikapitalistische und antimilitaristische Parolen zu lesen waren. Auch die Fahnen einiger linker Organisationen und Parteien waren zu sehen (DKP, MLKP, KGÖ, ATIF, YDG, Partei „DIE LINKE“, Jugendverband „Revolution“). Demo-Beobachter des Arbeitskreises Kritischer Juristen (AKJ) begleitete den Zug. Lautstark ging es vom Platz der Alten Synagoge Richtung Süden in die Rempartstraße an der Uni-Mensa vorbei, durch das Martinstor über die Kaiser-Joseph-Straße zum Bertoldsbrunnen, wo die erste Zwischenkundgebung stattfand.

Hier wurden Passantinnen und Passanten nicht zuletzt durch zahlreiche Flugblätter auf das Anliegen der Demonstrierenden aufmerksam gemacht und hörten eine Rede der Roten Aktion Mannheim und Young Struggle zum Thema Kurdistan, sowie der Parti Communiste Francaise, welche ihren Beitrag sowohl auf französisch, als auch übersetzt auf deutsch hielt. Nach diesem Zwischenstopp ging es weiter Richtung Siegesdenkmal und über den Friedrichsring zum Hauptbahnhof, wo die zweite Zwischenkundgebung stattfand.

Dort wurden abschließend Redebeiträge gehalten vom Bildungsstreikbündnis Freiburg, der Attac-Hochschulgruppe und der Partei „DIE LINKE“. Zusätzlich wurde spontan noch anderen Menschen und Gruppierungen wie bspw. der Occupy-Bewegung, ATIK oder bezüglich der Mobilisierung nach Wiesbaden zu Protesten gegen die Innenministerkonferenz, Gelegenheit gegeben ihre Anliegen zu thematisieren. Vom Bahnhof aus ging es weiter ins Grün, wo die Demonstration endete.

Demo Die Demonstration war laut und die Stimmung war durchgehend gut und kämpferisch. Die ganze Zeit über wurden antikapitalistische, internationalistische und antimilitaristische Parolen gerufen. Während der Demonstration wurden hunderte Flugblätter der Kampagne an die Passanten verteilt, welche diese zum großen Teil interessiert entgegen nahmen.

Nach der Demo gab es leckere vegane Volxküche von den Maulwürfen. Für Personen, denen wegen längerer Anreise eine Rückfahrt am selben Abend nicht möglich war, gab es danach das Angebot den Tag im SUSI-Café ausklingen zu lassen. Außerdem gab es dort zusätzlich noch eine Pennplatzbörse.

Fazit

Mit der Kampagne gegen die „G20“ gelang es uns, die Thematik bundesweit und darüber hinaus in der (revolutionären) Linken zu platzieren. Die große Nachfrage nach Infomaterialien hat uns überrascht und gefreut. Mit der Broschüre konnten wir Hintergründe, Analysen und Perspektiven zum Thema „G20“ verschriftlichen, drucken und so der Gegenbewegung zur Verfügung stellen. Für die kommenden Gipfel haben wir damit eine Grundlage in deutscher Sprache geschaffen.

Mit 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Demonstration lagen wir zwar einiges über unseren anfänglichen Erwartungen, dürfen mit den Zahlen jedoch nach der Dynamik der Mobilisierung und der großen Unterstützerliste nicht zufrieden sein.

Leider mussten wir feststellen, dass es an diesem Tag nicht möglich war eine breite Masse der Bevölkerung zu mobilisieren. Es waren Menschen aus verschiedenen Spektren der Linken und verschiedensten Organisationen anwesend, deren Anliegen in Freiburg ein Platz zum Ausdruck geboten war. Allerdings wurde es nicht geschafft die „normalen Bürgerinnen und Bürger“ die nicht sowieso schon politisiert sind auf die Straße zu bewegen.

Obwohl der Großteil der Menschen von den Folgen der Krise betroffen ist und die Empörung über Sozialabbau und weltweites Unrecht in der Bevölkerung wächst, ist sie im Moment für radikale Lösungen, die über Reformen hinausgehen, nur unzureichend empfänglich. Der Aufruf der sich nicht nur auf die Kritik an der G20 im Bezug auf aktuell diskutierte Bankenrettungspläne beschränkt, sondern darüber hinaus die soziale Revolution zur Überwindung des kapitalistischen Systems forderte, findet noch keinen Platz in der Vorstellung der Masse, wie ein besseres und gerechteres Leben möglich wäre. Die Aufgabe der Linken muss es bleiben, bzw. werden, unsere Mitmenschen von einer revolutionären Perpektive zu überzeugen.

Es ist uns desweiteren bei dieser Kampagne nicht gelungen das Thema „kapitalistische Krise“ und „revolutionäre Krisenlösung“ in Verbindung mit dem „G20-Gipfel“ ausreichend in der kritischen und anpolitisierten Bevölkerung zu platzieren, ebensowenig in den Gewerkschaften und bei den allgemein Unzufriedenen unserer Stadt. Die Demo hatte zudem einen zu geschlossenen Charakter, der es Außenstehenden, die offensichtlich mit dem Anliegen sympathisierten, nur schwer möglich machte, sich anzuschließen ohne „nur“ hinten mitzulatschen.

Ebenso gelang es uns nicht ausreichend, Aktivisten aus dem Umfeld der KTS und der Freiburger Freiraum-Szene zu mobilisieren, obwohl letzlich erfreulich viele Menschen aus dem libertären Spektrum von nah und fern an der Demo teilnahmen. In der Zukunft ist es die Aufgabe der revolutionären Linken in unserer Stadt, Gemeinsamkeiten im Sinne von Internationalismus, Antiimperialismus und Klassenkampf auszuloten und unnötige Spaltung zu vermeiden, aber auch Widersprüche klar aufzulösen.

Erfreulich hingegen die zahlreiche Beteiligung von Organisationen kurdischer und türkischer Genossen. So etwas gab es schon sehr lange nicht mehr in Freiburg und daran müssen wir unbedingt anknüpfen. Zusammen mit der Beteiligung von Organisationen aus der Schweiz und Frankreich konnten wir unser Ziel, mit einem internationalistischen Charakter durch die Stadt zu demonstrieren, erreichen.

Den Charakter getrübt hat wie so oft das Auftreten der Polizei. Durch ein Spalier im Vorderen Bereich der Demo und eine überzogende Ausrüstung mit Helm, Knüppel und Protektoren wurde den umstehenden Passanten eine Gefahr für die Öffentlichkeit suggeriert. Auch wenn wir unsere Demo unangemeldet und ohne jede Auflage durchsetzen konnten, nervt uns dieser Umstand ungemein. Wir haben keine Lösung parrat, diese gängige Praxis des Staates zu ändern und wollen auch nicht an ihn appelieren. Fakt ist aber auch, dass Zeiten kommen werden, in denen der antikapitalistische Protest Dimensionen annehmen wird, in denen Spaliere keinen Sinn mehr machen.

Schlussendlich bewerten wir die Kampagne als einen Erfolg für uns als organisatorischen Zusammenhang. Inhaltlich wie praktisch sind wir im Aufbau einer internationalistischen und klassenkämpferischen Bewegung in Freiburg ein ganzes Stück weitergekommen und konnten auch Akzente über unsere Stadt hinaus setzen. Daran müssen und werden wir anknüpfen.

Für internationale Solidarität und Klassenkampf!
Für einen revolutionären Aufbauprozess!

Presse: Junge Welt 4.11. | Junge Welt 7.11. | Radio Dreyeckland | BZ | SWR | Radio Regenbogen | TV Südbaden | Leserbrief BZ 16.11.

Kleiner Nachtrag

Mit großen Teilen der Freiburger Linken arbeiten wir solidarisch – teilweise punktuell, teilweise dauerhaft – gut zusammen, trotz mancher ideologischer Unterschiede.

Zuerst entsetzt, danach allerdings mehr und mehr belustigt haben wir daher die „Reaktionen“ auf unsere Demo bei Indymedia Linksunten zur Kenntnis genommen. Nachdem anonyme Observateure einen Demobericht noch vor unserem Bericht veröffentlicht hatten, wurde zuerst unter dem fremden Text, danach aber auch unter unserem Text systematisch gegen unseren organisatorischen Zusammenhang und die Antifaschistische Linke Freiburg (ALFR) gehetzt. Dabei wurden nicht nur internes Wissen veröffentlicht, sondern auch in unsäglichem Stil Unwahrheiten verbreitet. Wir verurteilen diese neue Qualität der „Auseinandersetzung“ und fordern die anonymen Hetzer auf, mit uns in Kontakt zu treten, um eine inhaltliche Debatte zu führen. Alles andere ist Quark!

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