pic_4798565Montag, 10.02.2014.
Marburg. Am Morgen des 10. Februar 2014 ist der Politikwissenschaftler, Historiker, Abendroth-Schüler, Marxist, radikaler Demokrat und bedeutende Faschismusforscher Reinhard Kühnl in Marburg verstorben. Der Schwerpunkt seiner Forschung lag in den Ursachen und der Geschichte des Faschismus. Er arbeitete dabei stets den Zusammenhang zwischen der kapitalistischen Gesellschaftsordnung und dem von ihm hervorgebrachten Faschismus heraus. Kühnl schuf eine große Zahl wissenschaftlicher und publizistischer Werke. Viele erhielten große Aufmerksamkeit und wurden in 14 Sprachen übersetzt. Dazu zählen neben seinem Buch „Formen bürgerlicher Herrschaft“, seine Dissertation bei Wolfgang Abendroth zu „Die nationalsozialistische Linke 1925 – 1930“, „Die NPD – Struktur, Programm und Ideologie einer neofaschistischen Partei“, „Faschismustheorien“ und „Der Faschismus in Quellen und Dokumenten“. Unvergessen ist auch die Kontroverse um seine Habilitation. Ernst Nolte, der später „mit der These, der Holocaust sei auf die Furcht vor dem »älteren Klassenmord der Bolschewiki« zurückzuführen“ den Historikerstreit auslöste, versuchte erfolglos die Habilitation Kühnls durch eine publizistische Kampagne zu verhindern. Nach erfolgreicher Habilitation wurde Reinhard Kühnl schließlich 1971 im Alter von 35 Jahren Professor für Politikwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg. Reinhard Kühnl war Mitbegründer des Bundes demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Mitherausgeber der Blätter für deutsche und internationale Politik, einer der international bedeutendsten Faschismusforscher und ein gesellschaftlich aktiver und eingreifender Wissenschaftler. Wir trauern um eine außergewöhnliche Persönlichkeit und einen bedeutenden Intellektuellen – Wir trauern um Reinhard Kühnl.