Am Samstag, den 23. Januar 2010, demonstrierten in Freiburg ca. 500 Menschen gegen das Kooperationsabkommen zwischen den Jugendoffizieren der Bundeswehr und dem Kultusministerium Baden-Württemberg. Dieses Abkommen wurde im Dezember 2009 unterzeichnet und soll nun den Werbefeldzug des deutschen Militärs auf die Schulen des Landes ausdehnen.
Aus diesem Grund haben Aktivistinnen und Aktivisten aus dem Freiburger Bildungsstreikbündnis die Demonstration „Bundeswehr raus aus dem Klassenzimmer“ organisiert und eine inhaltliche Debatte angestoßen. Ein breites Bündnis, das von Studerendenvertretungen über Linkspartei, DKP, Gewerkschaften bis zu uns reichte, stellte klar, dass der Kampf gegen die Militarisierung der Gesellschaft ganz oben auf der Tagesordnung der linken und fortschrittlichen Kräfte steht. Der Krieg in Afghanistan, die aggressive Werbestrategie der Bundeswehr zur Rekrutierung von Kanonenfutter im Innern sowie ein weltpolitisches Klima der Aggression und der Militarisierung zeigt die Notwendigkeit unseres gemeinsamen Kampfes gegen Faschismus und Krieg. Die Pläne des Militärs müssen durchkreuzt, seine Vorhaben sabotiert werden.
Auf der Demonstration selbst wurde, wie nur selten in Freiburg, eine Außenwirkung geschaffen, die unsere Kritik den Passanten vermittelbar machte. Zum einen wurde dies möglich, da sich die Polizei zurückhielt und, wie wir es auch in Zukunft erwarten, den Straßenverkehr regelte. Zum anderen lag das aber auch an mehreren überwiegend sehr guten Redebeiträgen, inhaltlich hochwertigen Flugblättern und kreativen Agit-Prop-Aktionen. Ein Dutzend rote Fahnen und ausgewählte Parolen mit Bezug zum Thema ließen auch den klassenkämpferischen Teil der Demo gut aussehen. Davon wünschen wir uns natürlich auch in Zukunft mehr in Freiburg.
Alles in allem war diese bundesweit erste Demo gegen die Kooperationsvereinbarungen ein wichtiger Schritt. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Bundeswehr ungehindert für ihr mörderisches Handwerk werben kann und junge Menschen an Schulen für die kommenden militärischen Interventionen ködert. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund der mörderischen deutschen Geschichte, die sich niemals wiederholen darf.
Krieg dem Krieg!
Hoch die internationale Solidarität!
Für eine revolutionäre Perspektive!
Mehr Infos:
Bescheidener Vorbericht der bürgerlichen Presse
Vorbericht auf Radio Dreyeckland
Demobericht auf Indymedia Linksunten
Bilderstrecke von der Demo
Im Folgenden dokumentieren wir unseren Redebeitrag auf der Demo:
Liebe Demonstrationsteilnehmer, liebe Passanten,
wir demonstrieren hier heute gegen das Kooperationsabkommen zwischen der Bundeswehr und dem Kultusministerium Baden-Württemberg. Zu der Bedeutung dieses Kooperationsabkommens ist schon viel gesagt und geschrieben worden. Was wir daraus noch einmal hervorheben möchten ist folgender Wortlaut:
Ich zitiere aus dem Abkommen:
„Jugendoffiziere informieren im schulischen Kontext Schülerinnen und Schüler über die zur Friedenssicherung möglichen und/oder notwendigen Instrumente der Politik. Dabei werden Informationen zur globalen Konfliktverhütung und Krisenbewältigung genauso wie Informationen zu nationalen Interessen einzubeziehen sein.“
Wir fragen euch: Was zur Hölle sind nationale Interessen?
Juristen würden jetzt sagen: „Nationale Interessen sind ein unbestimmter Rechtsbegriff, der näher ausgeführt werden muss.“
Wir sagen: Nationale Interessen sind grober Unfug. Die Nation ist ein irrationales Konstrukt der herrschenden Klasse. Die Menschen die diesem Konstrukt zugerechnet werden, haben nicht die gleichen Interessen.
Ein Beispiel: Eine überwältigende Mehrheit der Menschen in diesem Lande ist gegen den Afghanistaneinsatz der Bundeswehr und für einen sofortigen Abzug der dort stationierten Truppen. Trotzdem bahnen sich eine weitere Mandatsverlängerung und eine Aufstockung des deutschen Kontingentes durch den Bundestag an.
Aber was sagt denn überhaupt die Bundeswehr zu dem heißen Eisen „Nationale Interessen“? In den sogenannten Verteidigungspolitischen Richtlinien der Truppe wird folgendes zum nationalen Interesse erhoben:
“Die Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt…“
Na Klasse! Der Zyniker würde hier jetzt noch anmerken, dass die Bundeswehr noch das Erwähnen vom neuen Lebensraum im Osten vergessen hat, aber den lassen wir jetzt lieber nicht zu Wort kommen.
Aber was sind denn meine Interessen? „Ungehinderter Zugang zu Rohstoffquellen und Absatzmärkten“ hört sich doch zu sehr nach einem Statement der sogenannten Arbeitgeberverbände an.
Wir von der Antifaschistischen Linken Freiburg möchten in einer herrschaftsfreien Welt ohne Chefs und ohne Ausbeutung des Menschen durch den Menschen leben. Da das in den nächsten 14 Tagen wohl nicht zu erreichen ist, haben wir eine noch etwas bescheidenere Variante anzubieten:
– Wir wollen die Welt verstehen können, also bestmöglichen Zugang zu Wissen und Bildung haben!
– Wir wollen in sozial gesicherten Verhältnissen leben!
– Wir wollen nicht nur malochen sondern auch mal schön ausspannen und uns den schönen Dingen des Lebens zuwenden!
– Wir wollen nicht von der Ausbeutung von anderen Menschen profitieren!
– Wir wollen in einer Welt ohne Kriege und ohne Faschismus leben!
Leider ist diese Welt weit davon entfernt, diesen Bedürfnissen zu entsprechen. Und die Bundeswehr ist ein wesentlicher Bestandteil des Problems. Sie steht eindeutig auf der andere Seite der Barrikade.
Auch in Freiburg hat die Bundeswehr Brückenköpfe errichtet, von denen aus sie alles daran setzt die Gesellschaft nachhaltig zu militarisieren.
– Sie hängt auf Ausbildungsmessen und auf der Badenmesse ab.
– Sie arbeitet auf den verschiedensten Ebenen mit der Uni zusammen.
– Sie betreibt ein Kreiswehrersatzamt in der Stadt und hat dort auch zwei Jugendoffiziere sitzen.
– Sie ist mindestens viermal im Jahr in der Arbeitsagentur und nimmt an der Reihe „Berufe in Uniform“ teil.
– Nicht zuletzt vergeht kaum ein Tag, an dem einem in der Stadt nicht irgendein halbstarker Wehrdienstleistender in Uniform begegnet.
Lasst uns gemeinsam alles daran setzen, die Bundeswehr im „Frontabschnitt Freiburg“ zurückzudrängen und ihnen ihre Öffentlichkeitsarbeit unmöglich zu machen! Die Möglichkeiten des Widerstandes sind breit gefächert. Je bunter unser Protest ist, desto weniger können sich die Uniformierten darauf einstellen. Die Vielfalt der Aktionen sollten wir als Stärke begreifen.
Wenn Uniformträger auf der Straße angepöbelt werden, ist das in Ordnung. Wenn Menschen sich mit Transparenten vor die ARGE stellen ist das gut. Wenn Werbematerial der Bundeswehr entsorgt oder verfälscht wird, ist das auch gut. Wenn Veranstaltungen von Militärs an Schulen und Unis blockiert werden ist das großartig.
Und:
Wenn sich Menschen in diesem Land dazu entschließen, den Krieg in Afghanistan und die Militarisierung der Gesellschaft zu sabotieren, dann ist das viel eher in meinem Interesse, als wenn mir Leute weißmachen, ich sollte meine Haut für Rohstoffe und Absatzmärkte riskieren.
In diesem Sinne:
Krieg dem Krieg!
Hoch die internationale Solidarität!