Dienstag, 03.06.2014
Istanbul.Vor rund einen Jahr begann in der Türkei massenhafter Widerstand gegen eine immer weitere Deregulierung verschiedenster Lebensbereiche unter neoliberalen Vorzeichen, eine schleichende Islamisierung der Türkei und den autoritären Politikstil der AKP-Regierung unter Ministerpräsident Erdoğan. Als Fanal wirkte die Auseinandersetzung um die geplante Zerstörung des Gezi-Parks am zentralen Taksim-Platz, der für den Bau eines Einkaufszentrums weichen sollte. Knapp einen Monat lang wurde der Taksim-Platz im Zentrum Istanbuls von der Bevölkerung besetzt gehalten und ein großes Protestcamp errichtet. Innerhalb von Tagen breitete sich die Massenproteste in alle größeren Städte der Türkei aus, wohingegen der Staat mit massiver Gewalt und Repression auf die Forderungen der Menschen reagierte. Bis zu 12 Menschen wurden seit Ausbruch der Revolte von den Polizeikräften ermordet, der erst 15-Jährige Berkin Elvan, der nur Brot holen wollte, starb nach monatelangen Koma Mitte März. Und der Staat? Er setzt im Konflikt mit der Opposition weiterhin auf Eskalation: Mitte Mai starben in Istanbul abermals zwei Menschen im Zusammenhang mit politischen Aktionen, Ende Mai fanden sogenannte „Anti-Terroraktionen“ der Istanbuler Cops gegen linke Organisationen statt und weiterhin sitzten Tausende Menschen allein aus der Kurdischen Freiheitsbewegung im Knast. Die Beweggründe der Menschen, die auf die Straße gingen, sind weiterhin aktuell genug: In einem erst kurz zuvor privatisierten Bergwerk nahe Soma sterben Hunderte Menschen, Panzerfahrzeuge, 50 Wasserwerfer und 25000 Polizisten sollten am Jahrestag der Proteste Demonstrationen verhindern und das Aufkündigen des Bündnisses mit der Gülen-Bewegung von seiten Erdoğan ließ eine Korruptionsaffäre, die bis ins Herz der AKP-Regierung reicht, öffentlich werden. Dennoch wurde der Autokrat wiedergewählt. Alle Hände voll zu tun – Her yer taksim, her yer direniş – Überall ist Taksim, überall ist Widerstand!