++++Auf nach Göppingen!++++Antifaschistische Demonstration am 11. Oktober um 16 Uhr++++Wir bleiben dran!++++
Dran bleiben! Faschistische Umtriebe konsequent bekämpfen! Antifaschismus ist und bleibt legitim! ist das Motto der antifaschistischen Demonstration die am 11. Oktober in Göppingen stattfinden wird. In den Jahren 2012 und 2013 beteiligten sich Antifaschisten aus ganz Baden-Württemberg und auch aus Freiburg an den Protesten gegen die Aufmärsche der „Autonomen Nationalisten“. Dafür sahen sich die antifaschistischen Gegendemonstranten mit einem äußerst brutalem Vorgehen seitens der Polizei und mit massiver Repression im Nachhinein konfrontiert. Auch ein Aktivist aus Freiburg wurde für sein Engagement verurteilt. Zwar haben die Faschisten um die Gruppierung der „Autonomen Nationalisten Göppingen“ im Zuge der zahlreichen Hausdurchsuchungen wegen der „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ nach § 129 die Anmeldung für den diesjährigen Aufmarsch zurückgenommen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass den faschistischen Umtrieben in der Region endgültig ein Ende gesetzt wurde. Verschiedene antifaschistische Gruppen rufen dazu auf am 11. Oktober gegen die Kriminalisierung der antifaschistischen Protese zu demonstrieren und zu zeigen, dass antifaschistisches Engagement wichtig, legitim und notwendig ist.
Wir unterstützen den Aufruf der Kampagne „Dran bleiben!“, den wir im Folgenden dokumentieren.
Weitere Infos unter: www.dran-bleiben.tk
„Seit mehreren Jahren ist die Region Göppingen Schwerpunkt faschistischer Aktivitäten. Rund um eine Gruppe insbesondere junger Neonazis, die sich selbst als „Autonome Nationalisten (AN)“ bezeichnen, hatte sich eine der aktionistischsten und umtriebigsten Nazigruppierungen in Baden-Württemberg herausgebildet. Rechte Propaganda, öffentliche Auftritte und Übergriffe auf Andersdenkende und MigratInnen sorgten für eine unübersehbare faschistische Präsenz in und um Göppingen. Die offensichtlichsten Augenblicke für die wachsenden rechten Strukturen im Landkreis waren die faschistischen Aufmärsche im Oktober 2012 und 2013 mit jeweils etwa 150 Nazis.
Seit dem Aufkeimen neuer rechter Strukturen 2010 wurde die Region Göppingen zum Schwerpunkt antifaschistischer Aktivitäten, gerade weil das Wegschauen der örtlichen Stadtverwaltung und Polizei die Nazis in ihrem Tun sprichwörtlich bestärkte. Es waren antifaschistische Gruppen und Bündnisse die mit ihrer alltäglichen Präsenz und den Großmobilisierungen gegen die Oktoberaufmärsche für wahrnehmbaren Gegenwind sorgten. Annähernd 1500 Menschen beteiligten sich in beiden Jahren an den Mobilisierungen zur Verhinderung der rechten Demonstrationen und sahen sich dabei mit einem massiven Polizeiaufgebot konfrontiert. Polizeilichen Angriffen mit vielen Verletzten und den Ingewahrsamnahmen mehrerer hundert AntifaschistInnen folgten im Nachgang unzählige Verfahren, Verurteilungen und horrende Geldstrafen.
Zwar sorgten die Durchsuchungen des Landeskriminalamtes gegen die „Autonomen Nationalisten“ wegen der „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ nach §129 im Frühjahr 2014 für die Abmeldung ihres für den 11. Oktober 2014 geplanten Aufmarsches in Göppingen. Das Naziproblem in der Region ist damit dennoch keinesfalls gelöst, allenfalls verschoben – das zeigen nicht zuletzt die faschistischen Aktivitäten der vergangenen Monate im benachbarten Landkreis Esslingen. Grund genug für die antifaschistischen Kräfte am Thema dran zu bleiben!
Dran bleiben: Den Nazis entgegentreten!
Rechte Umtriebe sind im Landkreis Göppingen kein neues Phänomen. Bereits Mitte der 90er Jahre existierte in der schwäbischen Stadt neben einem aktiven NPD-Kreisverband und einer JN-Struktur mit dem „Stauffersturm“ auch eine lokale Kameradschaft. Die Rechtsrockbands „Division Staufen“ aus Donzdorf und „Tobsucht“ aus Kirchheim/Teck ergänzten das Potential der rechten Szene. Nach dem Brandanschlag auf das örtliche autonome Zentrum, für den einige der führenden Kader in den Knast wanderten, wurde es eine zeitlang ruhig um die rechten Kräfte in der Region. Zuletzt marschierten die Faschisten 2006 durch die Göppinger Innenstadt. Mit dem Jahr 2010 stieß dann eine Clique junger Neonazis rund um Manuel Ganser, einem gerade aus dem Knast entlassenen Neonazi, in das organisatorische Vakuum und etablierten relativ rasch mit den selbsternannten „Autonomen Nationalisten“ eine eigenständige Struktur. Neben dem bereits existenten Potential in Rechtsrock, NPD und JN, gelang es der Gruppe auch rechtsoffene Jugendliche zu organisieren. Kleinkundgebungen zu tagespolitischen Themen, Störversuche bei Veranstaltungen gegen Rechts, Spontandemonstrationen, „Heldengedenken“, rechte Sprühereien und massenhaft Aufkleber bis hin zu konkreten Angriffen auf AntifaschistInnen und Aktionen gegen Unterkünfte für Geflüchtete – die Liste an Aktivitäten der Göppinger Nazis lässt sich beliebig erweiten. Unterstützung erhielten die Jungnazis dabei zumindest teilweise von dem mittlerweile verbotenen „Freien Netz Süd“, einem bayernweiten Kameradschaftszusammenschluss. Und auch der Göppinger NPD-Kreisverband fügte sich alsbald dem Führungsanspruch der „Autonomen Nationalisten“ und unterstützte ihre Aktionen. Darüber hinaus beteiligten sich die Göppinger Nazis an verschiedenen überregionalen Projekten., so beispielsweise an den als „Unsterbliche“ betitelten rassistischen nächtlichen Spontanaufmärschen, und wirkten auf die Entstehung aktionistischer Neonazizusammenhänge in anderen Regionen Baden-Württembergs hin.
Vorbild der Gruppe, aus der sich neben Ganser bald Daniel Reusch als Führungsfigur heraus kristallisierte, war die Dortmunder Neonaziszene, zu der praktisch seit Gründung gute Kontakte bestanden. In Dortmund hatte sich der faschistische „Nationale Widerstand Dortmund (NWDO)“ mit kontinuierlicher Straßenpräsenz, Aufmärschen und Übergriffen einen Freiraum geschaffen den auch die Göppinger Nazis anstrebten. Die Gründung einer Göppinger Gliederung der Partei „Die Rechte“ ließ dementsprechend nicht lange auf sich warten. „Die Rechte“ ist der Versuch Dortmunder Neonazis eine faschistische Kraft im rechten Lager zu etablieren, die sich wesentlich offener an die Politik und Praxis der NSDAP orientiert wie etwa die NPD. Zudem dient sie seit dem Verbot des „NWDO“ praktisch als dessen Folgeorganisation.
Der Aufbau neuer rechter Strukturen in Göppingen blieb von antifaschistischen Kreisen weder unbemerkt noch unbeantwortet. Während die Göppinger Stadtverwaltung das Problem totschwieg, waren es antifaschistische Gruppen und Zusammenschlüsse, die über Jahre hinweg kontinuierlich zu dem Erstarken der rechten Kräfte in Göppingen arbeiteten.
Der praktische Widerstand gegen die öffentlichen Auftritte der „Autonomen Nationalisten“ stand hierbei im Fokus. Nicht zuletzt seit der aufgrund von antifaschistischen Protesten, abgebrochenen Kundgebungstour der Nazis im Frühjahr 2012 gewann die antifaschistische Arbeit an Fahrt. Die im Zuge der Arbeit gegen die AN entstandenen regionalen antifaschistischen Netzwerke organisierten eine Vielfalt an Aktivitäten.Infoveranstaltungen sorgten in Göppingen für eine öffentliche Auseinandersetzung mit dem Naziproblem. Immer wieder entfernten AntifaschistInnen gemeinsam die rechte Propaganda im Stadtbild und organisierten Infostände, Kundgebungen und andere öffentlichkeitswirksame Aktionen. Hinzu kam der konkrete Widerstand gegen die vermeintliche Selbstsicherheit der Nazis.
So zerrten Outingaktionen praktisch alle in den LKA Ermittlungen benannten Nazis und weitere, schon lange vor den Durchsuchungen an die Öffentlichkeit.Einige davon zogen sich im Anschluss an die Aktionen aus den rechten Strukturen zurück, oder wechselten den Wohnort. Mal um Mal erlitten die Nazis obendrein auf der Straße erhebliche Rückschläge. Öffentlich angekündigte Aktionen der Faschisten konnten, wenn überhaupt, nur durch große Polizeieinsätze ermöglicht werden. So auch die beiden Oktoberaufmärsche 2012 und 2013.
Dran bleiben: Zusammenstehen bei Polizeigewalt und Repression!
In beiden Jahren waren es jeweils über 2000 Polizisten, die versuchten mit Reiterstaffeln, Hunden, Hubschraubern und schwerem Gerät die Aufmärsche der Faschisten durchzusetzen. Bezeichnend für den „Ausnahmezustand“ waren sicherlich die hunderte Meter Hamburger Gitter und Bauzäune, die in beiden Jahren Teile der Göppinger Innenstadt in eine durch einen Schutzwall umgebene Festung verwandelte und so je etwa 150 Nazis eine Route ermöglichte.
Im Gegensatz zum „roten Teppich“ für die aus der ganzen BRD angereisten Nazis, die mit Parolen wie „Ein Baum, ein Strick, ein Judengenick!“ oder „Nie wieder Israel“ unbehelligt ihre Aufmärsche durchführen konnten, sahen sich die AntifaschistInnen sowohl 2012 als auch 2013 mit massiven Angriffen der Polizei konfrontiert. Mindestens 100 AntifaschistInnen wurden durch Pfefferspray und Schlagstockeinsätze in beiden Jahren verletzt. 2013 kam es zu Knochenabsplitterungen, mehrere AktivistInnen erlitten Kopfplatzwunden und Gehirnerschütterungen. Das gewalttätige Vorgehen der Hunderschaften und BFE-Truppen ergänzte die Diskreditierung und die versuchte Spaltung des Protestes. Die Warnungen vor „gewalttätigen Linksextremisten“ und dem Aufruf des Göppinger Oberbürgermeisters keinen konkreten Widerstand gegen die rechten Demonstrationen zu leisten, schufen ein Klima in dem die enormen Polizeikontingente nahezu unhinterfragt agieren konnten.
So verwundert es kaum, dass schon 2012 mehrere hundert anreisende AntifaschistInnen am Göppinger Bahnhof in einem extra dafür aufgebauten „Käfig“ kontrolliert und über Stunden schikaniert wurden. Die über 500 Ingewahrsamahmen von NazigegnerInnen 2013 stellten dann eine neue Qualität staatlicher Repression gegen die antifaschistische Bewegung in Baden-Württemberg dar. Unzählige Videowägen, großräumige Gefangenentransporter sowie die gezielten Angriffe und Kesselungen durch BFE-Trupps ließen auf ein von langer Hand geplantes Vorgehen schließen.
Den Widerstand gegen die faschistischen Aufmärsche bekam die Polizei dennoch nicht in den Griff. Mehrere tausend Menschen folgten den Aufrufen antifaschistischer Bündnisse und beteiligten sich in beiden Jahren an den Blockadeversuchen und antifaschistischen Demonstrationen. Ergänzt wurde die spektrenübergreifende Mobilisierung durch das entschlossene und stellenweise militante Agieren mehrerer hundert AntifaschistInnen, die trotz militärischer Übermacht der Polizei 2012 eine enorme zeitliche Verspätung der Nazidemonstration und 2013 eine Routenverkürzung der Nazis erreichten.
Die staatlichen Angriffe auf die antifaschistischen AktivistInnen ebbten auch nach dem Ende der Proteste nicht ab. Staatsschutz und Staatsanwaltschaft überzogen AntifaschistInnen aus ganz Baden-Württemberg mit Verfahren und verhängten unter Anderem horrenden Geldstrafen, die sich insgesamt auf mehreren 10.000 Euro summierten. Der Übereifer der Ermittlungsbehörden zeigt sich dabei nicht nur an den letztlichen Einstellungen und Freisprüchen in einigen von ihnen forcierten Verfahren. Mit der Einleitung eines §129- Verfahrens durch die Stuttgarter Staatsanwaltschaft gegen unbekannte UrheberInnen eines antifaschistischen Mobilisierungsvideos wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ ließen die Behörden kein Versuch aus den antifaschistischen Protest zu kriminalisieren. Das Instrument § 129, ursprünglich zum Kampf des bürgerlichen Staates gegen die revolutionäre Linke geschaffen, bildete dann auch die Grundlage des staatliche Vorgehens gegen die AN.
Dran bleiben: LKA – Weder Freund noch Helfer!
Unter Federführung des Landeskriminalamts Baden-Württemberg durchsuchten, kurz nach dem alljährlichen Naziaufmarsch in Pforzheim, mehrere Dutzend Polizisten am 26. Februar 2014 insgesamt 19 Wohnungen in den Landkreisen Göppingen und Esslingen und nahmen dabei vier Nazis vorläufig in Untersuchungshaft. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft gegen die vermeintlichen Rädelsführer, darunter auch Daniel Reusch, wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ Anklage erhoben.
Sicherlich hat der immer größer werdende antifaschistische Druck in Göppingen und die generelle Sensibilität in der Bevölkerung für rechte Umtriebe nach dem Auffliegen des NSU-Komplexes mit dazu beigetragen, dass die Ermittlungsbehörden sich zum Handeln gegen die „Autonomen Nationalisten“ gezwungen sahen – auch um sich ein letztes Fünkchen Glaubwürdigkeit zu wahren. Daraus jedoch auf ein antifaschistisches Interesse des Staates zu schließen, wäre zu kurz gegriffen.
Der entschiedene Kampf gegen Rechts liegt nicht im Interesse des bürgerlichen Staates. Einzelne Verbote und Verfahren gegen faschistische Strukturen können darüber nicht hinwegtäuschen – schließlich sind die staatlichen Behörden weit davon entfernt die faschistische Bewegung wirklich nachhaltig zu zerschlagen.Faschisten waren und sind in Krisensituationen des kapitalistischen Systems immer eine Option der Besitzenden, um bestehenden Eigentums- und Abhängigkeisverhältnisse unangetastet zu lassen und gleichzeitig entschieden gegen fortschrittliche Kräfte vorzugehen. Das antikapitalistische und rebellische Antlitz, das sich insbesondere die selbsternannten „Autonomen Nationalisten Göppingen“ oder „Die Rechte“ zu geben versuchen, hat dementsprechend wenig mit der eigentlichen Rolle der Nazis zu tun.
Dran bleiben: Antifaschismus selbst in die Hand nehmen – die antifaschistische Aktion aufbauen!
Es liegt also an uns den faschistischen Umtrieben entgegenzutreten und einem rassistischen Klima in der BRD vorzubeugen. Dabei können und dürfen wir uns nicht auf leere Worte des Staates verlassen, sondern müssen den Kampf gegen Faschisten und rassistische Hetze selbst in die Hand nehmen. Ein Staat, der jahrelang dabei zuschaut, wie eine faschistische Terrorzelle Menschen ermordet, der einer faschistischen Partei wie der NPD finanzielle Unterstützung gewährt und Naziaufmärsche brutal durchprügeln lässt, kann hierbei nicht unser Ansprechpartner sein. Im Gegenteil: vielmehr muss es unsere Aufgabe sein selbst aktiv zu werden, antifaschistische Strukturen aufzubauen und uns zu organisieren. Denn nur so wird es uns langfristig gelingen, eine breite und handlungsfähige Bewegung gegen die Faschisten zu schaffen.
Dabei gilt es auch die staatlichen Angriffe auf die antifaschistische Bewegung gemeinsam zurück zuschlagen. Es sind Einzelne, die im Nachgang von Protesten herausgegriffen und verurteilt werden. Dennoch zielt die Repression auf die Teile der antifaschistischen Bewegung, die sich unabhängig von staatlichen Institutionen zusammenschließen und agieren. Dass einzelne Aktionsformen dabei nicht von vorne herein ausgeschlossen werden ist ebenso Ursache für staatliche Repression, wie Garant für erfolgreichen antifaschistischen Protest. So war es auch in Göppingen die Vielfalt der Widerstandsformen die über die Jahre hinweg für einen erfolgreichen Kampf gegen die „Autonomen Nationalisten“ gesorgt hat.
Mit den Durchsuchungen vom Frühjahr 2014 sind diese zwar strukturell weiter geschwächt worden und auch die Göppinger Stadtverwaltung kann das Problem nicht mehr von der Hand weisen. Dennoch wäre es der falsche Weg, sich auf der vermeintlichen Inaktivität der Nazis auszuruhen – das faschistische Potential in der Region ist nach wie vor vorhanden. Das zeigen nicht zuletzt die Aktivitäten der „Freien Nationalisten Esslingen“, einem ‘Ableger’ der Göppinger Nazis.
Das Wochenende im Oktober war die vergangenen beiden Jahre das Wochenende des Widerstands und der Reaktion auf die faschistischen Umtriebe. Am 11. Oktober 2014 holen wir uns in Göppingen die Straße zurück und setzten ein Zeichen für selbstbestimmten Antifaschismus und gegen die Kriminalisierung der legitimen und notwendigen antifaschistischen Proteste. Trotz städtischem Wegschauen, staatlicher Repression und Spaltungsversuchen: Wir bleiben dran!
Kommt am 11. Oktober 2014 nach Göppingen!
Gemeinsam gegen faschistische Umtriebe und staatliche Repression!
Die antifaschistische Aktion aufbauen!
Weitere Infos und Material: www.dran-bleiben.tk“