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Am vergangenen Freitag den 31. Oktober rief das „Bündnis Kurdistan Freiburg“ zu einer Demonstration auf, um seine Unterstützung mit der eingekesselten kurdischen Stadt Kobanê in Nordsyrien und dem kurdischen Aufbruch in Rojava zu zeigen. Über 700 Menschen beteiligten sich an der kraftvollen Demonstration durch die Freiburger Innenstadt, die im Rahmen eines internationalen Aktionstages stattfand. Auch in vielen anderen Großstädten kam es zu Solidaritätsdemonstrationen mit mehreren Zehntausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

7 (2)Solidarität mit Rojava! Weg mit dem Verbot der PKK!
Über 700 Menschen gingen in Freiburg gemeinsam auf die Straße um ein deutliches Zeichen gegen den barbarischen IS und die Politik der NATO-Staaten insbesondere der Türkei zusetzen und um allgemein ihrer Solidarität mit dem kurdischen Aufbruch in Rojava Ausdruck zu verleihen. Die Demonstration verlief ohne Zwischenfälle und konnte ihre Forderungen deutlich nach außen tragen. Mehre Redebeiträge griffen die derzeitige Situation in den kurdischen Gebieten auf und bekundeten ihre Solidarität mit den kämpfenden der YPG und YPJ in Rojava und Kobanê.

Bereits bei der Auftaktkundgebung wurden mehrere Redebeiträge, unter anderem von der Partei „Die Linke“ und der Antifaschistischen Linken Freiburg gehalten. Hierbei gingen die Redner nicht nur auf die mutigen Kämpferinnen und Kämpfer der YPG/YPJ und ihren notwendigen Widerstand gegen den barbarischen IS ein, sondern thematisierten vor allem auch die Verstrickungen der westlichen NATO-Staaten, allen voran der Türkei, in die Finanzierung und Stärkung der Mörderbanden von IS und  der Al Nusra Front in ihrem Kampf gegen den syrischen Machthaber Assad. Die seit Jahren erhobene Forderung nach einer Aufhebung des PKK-Verbots wurde ebenfalls in den Reden thematisiert und druch Parolen deutlich gemacht. Weiterhin wurde die Bedeutung der Revolution in Rojava insbesondere für uns als Linke hervorgehoben.

Nach den Redebeiträgen setzte sich die Demonstration kraftvoll und kämpferisch in Bewegung. Mit einer Vielzahl an kurdischen und deutschen Parolen gelang es den Aktivistinnen und Aktivisten ihr Anliegen deutlich nach außen zu tragen. Insgesamt gab es während der Demonstration wiederholt Solidaritätsbekundungen von Passantinnen und Passanten am Rande der Strecke.

Nach einer Zwischenkundgebung auf dem Bertholdsbrunnen und einem Redebeitrag vom „Arbeitskreis gegen Krieg und Militarisierung (AKM) Freiburg ging die die Route weiter bis zum Platz der Alten Synagoge an dem die Abschlusskundgebung stattfand. Den Schluss machten eine Rednerin vom „Bündnis Kurdistan Freiburg“ sowie eine sehr emotionale Rede vom Demokratischen kurdischen Gesellschaftszentrum e.V. Freiburg. Nach einer letzten musikalischen Einlage in Form einiger kurdischer Widerstandsliedern wurde die Versammlung für beendet erklärt.

Mit 700 Personen war die Demonstration deutlich größer als die verschiedenen Solidaritätsaktionen der letzten Jahren, die in 6Freiburg stattfanden und die wir immer wieder solidarisch begleitet hatten [1 | 2 ]. Doch nicht nur die hohen Teilnehmerzahl machen diese Demonstration zu einem Erfolg aus sondern auch, dass der Kurdische  Befreiungskampf der in den letzten Jahren eher einen randständigen Platz im Bewusstsein der deutschen Linken einnahm, stärker in den Fokus rückt.

Im Vorfeld der Demonstration gab es in Freiburg noch ein Soli-Graffiti welches sich mit dem kurdischen Widerstand solidarisiert. Außerdem führten Aktivistinnen und Aktivisten des Bündnisses noch ein Interview zur Demonstration bei Radio Dreyeckland. Anbei dokumentieren wir an dieser Stelle noch den Aufruf des Bündnisses und den Redebeitrag der Antifaschistischen Linken Freiburg.

Antifaschistische Linke Freiburg für das Bündnis Kurdistan Freiburg, November 2014.

Bündnisaufruf:
Soli­da­ri­tät mit dem kur­di­schen Auf­bruch in Rojava – Stoppt den IS!

Im syri­schen Bür­ger­krieg tritt mit dem soge­nann­ten IS („Isla­mi­scher Staat“) ein ver­gleichs­weise neuer reak­tio­nä­rer Akteur im Nahen Osten auf. Die Bar­ba­ren des Isla­mi­schen Staat instal­lie­ren dort, wo sie an der Macht sind, ein Stein­zeit­recht und ver­su­chen einen homo­ge­nen Staat zu erschaf­fen. Sie ver­trei­ben und mas­sa­krie­ren dafür alle, die ihnen im Weg ste­hen. Ihr Hass rich­tet sich gegen alle Min­der­hei­ten in der Region: so grif­fen Scher­gen des IS im Som­mer 2014 von Syrien aus Gebiete im Nor­den des Irak an, in denen sie sich unter ande­rem gegen die reli­giöse Min­der­heit der Ezi­den rich­te­ten. Erst der beherzte Ein­satz von PKK-Verbänden, die mit den Ein­hei­ten ihrer Schwes­ter­or­ga­ni­sa­tion YPG den bedroh­ten Men­schen zur Hilfe eil­ten, konnte den Vor­marsch des IS stop­pen und einen Ret­tungs­kor­ri­dor für Flücht­linge erkämpfen.

Seit mehr als einem Monat atta­ckiert der IS die kur­di­schen Gebiete im Nor­den Syri­ens, genannt Rojava, erbar­mungs­los. Mit im Irak erbeu­te­ten moder­nen Waf­fen­sys­te­men errei­chen die Angriffe, die schon den gesam­ten Bür­ger­krieg andau­er­ten, nun aller­dings eine neue Dimen­sion. Aktu­ell rich­tet der IS offen­bar seine ganze Ener­gie auf die Kan­tons­stadt Kobanê, einem von drei Tei­len Roja­vas; aber auch die Angriffe auf Gebiete im Nor­den des Irak neh­men wie­der an Inten­si­tät zu, wo sich der Ver­nich­tungs­wil­len des IS aber­mals gegen Gebiete rich­tet, die von Ezi­den bewohnt werden.

8 (2)Soli­da­ri­tät mit Rojava!
Diese Angriffe gefähr­den die Errun­gen­schaf­ten der kur­di­schen Bewe­gung in Rojava unmit­tel­bar: Die wäh­rend des Krie­ges in Syrien auf­ge­bau­ten demo­kra­ti­schen Selbst­ver­wal­tungs­struk­tu­ren und die Fort­schritte im Bereich der Befrei­ung der Frau sind den Mör­der­ban­den der IS ein mas­si­ver Dorn im Auge.
Dabei ist die kur­di­sche Bewe­gung in Rojava ist nicht nur die ein­zige linke Kraft, son­dern auch die ein­zige demo­kra­ti­sche in der Region. In einer eman­zi­pa­to­ri­schen Revo­lu­tion hat die kur­di­sche Bewe­gung begon­nen ihr Kon­zept eines mul­ti­eth­ni­sches, demo­kra­ti­schen Auf­bau­pro­jekt umzu­set­zen, im Kampf gegen den IS schüt­zen sie reli­giöse Minderheiten.

Nein zu impe­ria­lis­ti­schen Ein­fluss­nah­men! Keine tür­ki­sche Inva­sion in Rojava!
Die Poli­tik der füh­ren­den NATO-Staaten — die gezielte Desta­bi­li­sie­rung einer gan­zen Region sowie die Auf­hei­zung und Betei­li­gung am syri­schen Bür­ger­krieg mit dem Ziel, den syri­schen Macht­ha­ber Assad zu stür­zen — mach­ten es erst mög­lich, dass sich die Mör­der­bande des IS zusam­men­rot­ten und vom Macht­va­kuum pro­fi­tie­ren konnten.

Zudem über­schnei­den sich die Inter­es­sen des NATO-Mitglieds Tür­kei teil­weise mit denen des IS. Einer­seits geht von Rojava eine Strahl­kraft auf die gesamte kur­di­sche Befrei­ungs­be­we­gung aus, die von der Tür­kei gefürch­tet wird. Ande­rer­seits möchte die tür­ki­sche Regie­rung ihren direk­ten Ein­fluss­be­reich gerne wei­ter aus­deh­nen — dabei steht die kur­di­sche Befrei­ungs­be­we­gung in Rojava der Tür­kei buch­stäb­lich im Weg. Gleich­zei­tig hat die Tür­kei immense Bedeu­tung für den IS: von dort erhält er logis­ti­sche Unter­stüt­zung, kann Rekru­tie­run­gen vor­neh­men, hier erhal­ten ver­letzte Kämp­fer medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung und poli­ti­sche Rücken­de­ckung. Daher fin­det nicht ohne Grund in den kur­di­schen Gebie­ten der Tür­kei und in eini­gen Groß­städ­ten eine mas­sen­hafte Mobi­li­sie­rung der kur­di­schen Bewe­gung statt, wel­che sich aller­dings mit mas­si­ver Staats­ge­walt, Repres­sion und einer staat­lich orga­ni­sier­ten Kon­ter­gue­rilla kon­fron­tiert sieht. Mehr als 30 Demons­trie­rende sind mitt­ler­weile bei den Pro­tes­ten umge­kom­men, die vie­ler­orts von Faschis­ten und IS-Sympathisanten unter den Augen der staat­li­chen „Sicher­heits­kräfte“ und durch­aus auch mit schar­fen Waf­fen ange­grif­fen werden.

Weg mit dem PKK-Verbot! Gren­zen auf für Flüch­tende!
Selbst ange­sichts der aktu­el­len Ent­wick­lun­gen hatte die Bun­des­an­walts­schaft hier­zu­lande nichts bes­se­res zu tun, als alte Feind­bil­der zu pfle­gen: Die Kri­mi­na­li­sie­rung und poli­ti­sche Repres­sion gegen poli­tisch aktive Kur­dIn­nen dau­ert wei­ter an. Wei­ter­hin stärkt die BRD der Tür­kei den Rücken, führt die his­to­ri­sche Waf­fen­brü­der­schaft wei­ter, lobt die Tür­kei als ver­läss­li­chen Part­ner und sieht auch über die ekla­tan­ten Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen und die uner­mess­li­che Repres­sion des tür­ki­schen Staa­tes hinweg.

Wir for­dern die Auf­he­bung des PKK-Verbots! Denn die PKK ver­deut­licht im aktu­el­len Kon­flikt, wofür sie steht: für einen demo­kra­ti­schen, eman­zi­pa­to­ri­schen und mul­ti­eth­ni­schen Auf­bruch und ein weg­wei­sen­des Pro­jekt für den Nahen Osten. Denn wir wol­len nicht hin­neh­men, dass die BRD das Unter­stüt­zen des IS durch den tür­ki­schen Staat zumin­dest bil­ligt und sich dar­über hin­aus noch an der Ver­fol­gung und Kri­mi­na­li­sie­rung poli­tisch akti­ver Kur­den beteiligt.

Außer­dem for­dern wir umfas­sen­den huma­ni­täre Hilfe für die Flüch­ten­den und deren Auf­nahme auch in der BRD sowie die Öffnung der türkisch-syrischen Grenzen.

Die kur­di­sche Bewe­gung darf nicht alleine ste­hen!
Es liegt an uns, das Schwei­gen zu bre­chen! Wir müs­sen im Rah­men unse­rer Mög­lich­kei­ten aktiv wer­den, müs­sen Öffent­lich­keit schaf­fen und so ver­su­chen die kur­di­sche Bewe­gung zu unter­stüt­zen. Lasst uns mit der Demons­tra­tion in Frei­burg einen klei­nen Schritt in eine rich­tige Rich­tung machen, denn der Kampf in Rojava und der eman­zi­pa­to­ri­sche Auf­bruch ist auch unser Kampf! Denn der gefähr­de­ten Stel­lung von Rojava zum Trotz, kämpft die kur­di­sche Befrei­ungs­be­we­gung auch für andere Min­der­hei­ten, für einen eman­zi­pa­to­ri­schen Auf­bruch im 21.Jahrhundert!

Soli­da­ri­tät mit dem Kur­di­schen Auf­bruch in Rojava! Weg mit dem PKK-Verbot!
Hoch die inter­na­tio­nale Solidarität!
Bündnis Kurdistan Freiburg, Antifaschistische Linke Freiburg, Die Linke KV Freiburg, Die Linke.SDS, Linksjugend [’solid] Freiburg, Kurdischer Demokratischer Kulturverein e.V., Arbeitskreis gegen Krieg und Militarisierung (AKM) Freiburg, VVN – BdA Freiburg und MLPD Freiburg.

8(3)Redebeitrag der Antifaschistischen Linken Freiburg:
Solidarität mit Rojava – Für eine Welt frei von Ausbeutung und Unterdrückung!

Seit dem Sommer 2012 baut die kurdische PYD im Norden Syriens ein selbstbestimmtes und demokratisches Leben auf. Das autonome Rojava steht für den Versuch, alternative Ansätze in der Organisation einer Gesellschaft zu verwirklichen. Jenseits von herkömmlichen Staatsstrukturen, Unterdrückung und patriarchalen Machtstrukturen soll in Rojava ein anderer Weg eingeschlagen werden.

Der Aufbruch in Rojava hat nicht nur Auswirkungen auf die kurdischen Gebiete in Nordsyrien, der Türkei und dem Irak. Vielmehr könnten die fortschrittlichen Entwicklungen in der Region eine Strahlkraft auf weitere Teile des Mittleren Ostens entfalten. Dabei geht es nicht nur um den militärisch notwendigen Widerstand gegen die Mörderbanden des IS, sondern auch um das Signal einer möglichen alternativen Gesellschaftsordnung, frei von Unterdrückung und Patriarchat, in der Selbstbestimmung und ein basisdemokratisches Verwaltungsmodell zu den Grundpfeilern dieser neuen Ordnung gehören. Den ethnischen Säuberungen und dem Terror der Islamisten von IS und Al-Nusra-Front stellt die PYD
eine säkulare, multiethnische und multikonfessionelle Gesellschaft entgegen, die sämtliche Volks- und Religionsgruppen in die Verwaltung miteinbezieht. Nicht zuletzt aus diesem Grund flohen seit der Entfachung des syrischen Bürgerkriegs hunderttausende von den Islamisten vertriebene Christen zunächst in die kurdischen Teile Syriens und des Iraks.

Doch das freie Rojava hat viele Gegner in der Region. Der Ansatz einer freien Gesellschaftsordnung steht nicht nur der Politik der barbarischen IS-Mörder diametral entgegen. Auch der Türkei und ihrer repressiven AKP-Regierung ist die kurdische Selbstverwaltung in der Region im Hinblick auf den Konflikt mit der PKK in eigenen Land ein Dorn im Auge.
Es scheint so, als ob es ihr nur recht ist, dass das alternative und fortschrittliche Projekt in Rojava geschwächt oder zerstört wird, damit es nicht zum Vorbild einer funktionierenden und gerechten Ordnung in der Region werden kann. Offensichtlich lässt sich der türkische Staat hierbei die Drecksarbeit vom IS abnehmen.
Bis heute unterstützt deshalb das NATO-Mitglied Türkei die Mörderbanden des IS logistisch und finanziell. Und die restlichen NATO-Staaten tragen diese Politik zumindest mit. Das muss aufhören!
Zumal haben für den Westen und die Türkei die eigenen geopolitischen Interessen in der Region Vorrang. Und kaum hatte der Aufbruch in Rojava begonnen, schon gingen die vom Westen gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad aufgerüsteten Islamisten auch gegen die kurdischen Autonomiegebiete vor. Doch bereits hier wurde deutlich, dass die Menschen in Rojava bereit sind, ihre fortschrittlichen Errungenschaften gegen den fundamentalistischen Terror mit aller Kraft erfolgreich zu verteidigen.

Auch der deutsche Staat trägt seinen Teil dazu bei, Rojava im Stich zu lassen, mehr noch, es den Islamisten auszuliefern: Erst Anfang Oktober wurde bekannt, dass die Bundesregierung erneut Exporte von Maschinengewehren und Panzern an Saudi-Arabien und Katar bewilligt hat, jenen Staaten, welche die Djihadisten unterstützen. Und das vor dem Hintergrund des drohenden Massakers an tausenden Menschen in Kobane sowie der fortdauernden Verfolgung und Ermordung tausender Yeziden, Christen, Schiiten und anderer Menschen.
Und nachwievor sind die kurdische Partei PYD und ihre bewaffneten Einheiten YPG und YPJ, die vor Ort in Kobane gegen den IS kämpfen, ein rotes Tuch für die Bundesregierung. Waffenlieferungen hingegen gibt es für die mit der Türkei verbandelten Peschmerga im Irak. Diese Unterscheidung in „gute und schlechte Kurden“ macht für die BRD durchaus
Sinn, ist doch der NATO-Partner Türkei ein entschiedener Gegner kurdischer Autonomiebestrebungen in Rojava. So wird auch eine mögliche Stärkung der PKK im Zusammenhang mit einer Unterstützung für Kobani gebetsmühlenartig wiederholt.

Weiterhin wird die PKK dämonisiert. Unsere notwendige Forderung muss hingegen lauten, das Verbot der Kurdischen Arbeiterpartei PKK in der BRD und Europa endlich aufzuheben um eine effektive Unterstützung der kurdischen Kämpferinnen und Kämpfer in der Region zu ermöglichen.

Wir erkennen die Relevanz und die Einmaligkeit der Entwicklungen in Rojava an. Unsere Solidarität gilt den Menschen, welche die Revolution in Rojava verteidigen.

Wir sagen deshalb:
Weg mit dem PKK-Verbot! Solidarität mit dem kurdischen Aufbruch in Rojava!
Hoch die internationale Solidarität!