Im Juni 2010 fanden in der Bundesrepublik verschiedene bildungspolitische Aktionen und Demonstrationen statt. Auch das Freiburger Bildungsstreikbündnis beteiligte sich daran und brachte den Protest gegen die katastrophalen Zustände im Bildungssektor auf die Straße. Wir wollen auf die zwei größeren Aktivitäten näher eingehen.
Bildungsstreik am 9. Juni 2010
Am 9. Juni 2010 nahmen im Rahmen des bundesweiten Bildungsstreiks etwa 1.500 Schüler, Auszubildende und Studenten an einer Demonstration in Freiburg teil. Die Kritik an den Bildungseinrichtung, in denen wir uns nicht frei entfalten können, einer Zukunft, die uns von den Fehlentscheidungen der alten Eliten verbaut wird und den Interessen der Wirtschaft und der Banken am Bildungssystem, die garantiert nicht unsere Interessen sind, mobilisierten wieder einmal hunderte junge Menschen.
Nach einer Kundgebung auf dem Platz der Alten Synagoge startete der Demonstrationszug über die Rempartstraße zum Bertoldsbrunnen in die Innenstadt, wo es weitere Redebeiträge gab. Danach zogen die Demonstranten weiter über die Kaiser-Joseph-Straße, am Rektorat der Uni Freiburg vorbei, bis zum Bahnhof, wo von etwa 300 Demonstranten das Geis 1, welches für den Fernverkehr genutzt wird, friedlich besetzt wurde. Dabei kam es zu einem gewaltsamen Räumungsversuch der Polizei, welcher jedoch gescheitert ist. Während der Gleisbesetzung kam es zu Festnahmen und mehreren Verletzten.
Nach 1,5 Stunden wurde das Gleis von Seiten der Schüler und Studenten geräumt, was die „Ordnungshüter“ als Chance sahen einen Kessel zu bilden und von 160 Menschen, zum Teil auch von unter 14-Jährigen, die Personalien aufzunehmen. Auch in dieser Situation gab es Festnahmen, bei denen eine Demonstrantin von Polizisten verletzt wurde. Selbst während der Personalienaufnahme kam es noch zu einem Übergriff seitens Polizei.
Viele junge Demoteilnehmer blickten vermutlich erstmals in die häßliche Fratze der staatlichen Repression, die immer dann als Antwort kommt, wenn sogenannte Normen gedehnt werden. Wir verurteilen das Vorgehen der Freiburger Polizei, insbesondere die brutalen Gewaltausbrüche einzelner Beamter. Solltet ihr Vorladungen als Zeugen oder Beschuldigte bekommen, meldet euch bitte umgehend beim Freiburger Bildungsstreikbündnis. Wir unterstützen euch und finden adäquate Möglichkeiten eines gemeinsamen Vorgehens.
Alles in Allem muss die Freiburger Demonstration positiv betrachtet werden. Trotz rückläufiger Teilnehmerzahlen, sowohl bundesweit als auch lokal, und Schikanen der Polizei konnten wir lautstark Inhalte vermitteln, auch im Vorfeld. Der Protest hat sich in seinen Methoden, zumindest in unserer Stadt, weiterentwickelt und Ziviler Ungehorsam wurde öffentlichkeitswirksam und wirtschaftsschädigend praktiziert. Dazu schrieb auch passend Peter Grottian, Hochschullehrer für Politikwissenschaft an der FU Berlin und Berater der Bildungsstreikbewegung, am 10. Juni 2010 in der Tageszeitung „Junge Welt“: „Der zivile Ungehorsam, die freche Zuspitzung mit den »Banküberfällen« und Direktoratsbesetzungen wurden nicht fortgesetzt – mit der löblichen Ausnahme der Besetzung des Bahnhofs in Freiburg.“
Nachttanzdemo am 18. Juni 2010
Am 18. Juni 2010 veranstaltete das Bündnis die 1. Freiburger Nachttanzdemo. Bis zu 500 Leute zogen mit Lautiwagen und Musik tanzend durch die Freiburger Innenstadt. Die Polizei hielt sich auffallend zurück. Ein einsetzender Regenschauer drückte die Stimmung und Teilnehmerzahl nur bedingt. Am Ende wurden noch zwei Bengalische Feuer gezündet. Die Nachttanzdemo sollte unkommerzielle Tanzkultur und Demonstration verbinden und bot somit eine weitere Möglichkeit durch bunten Protest auf unsere Forderungen nach einem sozialgerechten und demokratischen Bildungssystem aufmerksam zu machen. Die Aktion ist bei allen Beteiligten auf Begeisterung gestoßen, somit wird es wohl spätestens im angekündigten heißen Bildungsstreikherbst 2010 wieder eine Nachttanzdemo geben.
Weiter gehts
Spätestens im Herbst 2010 wird es die nächste Protestwelle geben. Wir dürfen uns dann aber nicht nur mit der Misere an den Schulen, Unis und in den Ausbildungsbetrieben erschöpfen, sondern müssen die Zusammenhänge zwischen den alltäglichen Zumutungen im Bildungssektor und dem Kapitalismus und der Krise herstellen. Das betrifft etwa die Umstrukturierungen der Bildungseinrichtungen nach marktwirtschaftlichen Kriterien, die der neoliberalen Auffassung zu Grunde liegen, bei der Bildung handele es sich um eine Dienstleistung wie jede andere, und nicht um ein Menschenrecht.
Und die nächste Sauerei hat die Bundesregierung bereits angekündigt. Sie ließ die Drohung verbreiten, dass sie in den kommenden Jahren vorhat, den Sozialstaat weiter zu stutzen. Es ist klar, dass die Gewinne des Kapitals stets privat bleiben, die Verluste hingegen auf uns Arbeiter, Angestellte, Arbeitslose, Schüler und Studenten übertragen werden sollen. Wir sagen: Mit solchen Schweinereien muss endlich Schluss sein. Jetzt ist die Zeit die verschiedenen Kämpfe gegen die herrschenden Zustände zusammenzuführen. Nur gemeinsam können wir eine entsprechende Schlagkraft entwickeln, die nicht nur Forderungen stellt, sondern ihre Umsetzung erkämpfen kann.
Für Solidarität und freie Bildung!
Für eine revolutionäre Perspektive!