Internationale Klassensolidarität aufbauen!Am Samstag, den 20. November 2010, findet in Heilbronn um 13:00 Uhr eine überregionale Demonstration unter dem Motto „Frieden und Freiheit für Kurdistan!“ statt. Damit soll ein kraftvolles Zeichen gegen den Krieg und die Repression gegen den kurdischen Befreiungskampf gesetzt und auch die Waffenlieferungen der BRD an den türkischen Staat thematisiert werden. Gemeinsam müssen wir als kurdische, türkische und deutsche Linke die sozialen und antimilitaristischen Kämpfe führen. Nur zusammen werden wir eine Perspektive auf ein Ende von Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung haben.

Samstag | 20.11.2010 | 13:00 Uhr | Heilbronn, Hauptbahnhof
Zugtreffpunkt: 8:45 Uhr (Abfahrt 9:03 Uhr) | Freiburg Hauptbahnhof | Gleis 2
Infoveranstaltung: Antifakneipe am 17. November 2010

Im Folgenden dokumentieren wir den gemeinsamen Aufruf unseres Bündnisses:

Frieden und Freiheit für Kurdistan!
Stoppen wir die türkischen Kriegstreiber und ihre Verbündeten!

Die Geschichte der KurdInnen ist eine Geschichte jahrhundertelanger Unterdrückung und Verfolgung. Bereits im Osmanischen Reich und später im Kemalismus wurden sie verleugnet, zersplittert, als Spielball westlicher Großmächte benutzt und waren immer wieder Opfer rassistischen Vernichtungswillens. Zahlreiche Aufstände wurden mit massiver Gewalt niedergeschlagen und alle Bestrebungen, eine unabhängige kurdische Gesellschaft aufzubauen, ausgegrenzt und kriminalisiert. Im Juli 2009 kündigte der türkische Ministerpräsident Erdogan nun eine sogenannte „kurdische Initiative“ als Beginn eines neuen politischen Umgangs mit der kurdischen Bevölkerung an. Die dadurch erweckten Hoffnungen wurden bald enttäuscht und ein Jahr später ist von derartigen Bemühungen nicht mehr die Rede. Stattdessen setzt sich die Geschichte der Unterdrückung und des Staatsterrorismus gegen die kurdische Befreiungsbewegung fort.

Repression und Krieg gegen die Bevölkerung

Im Dezember 2009 wurde die kurdische Partei DTP verboten und in anschließenden Verhaftungswellen unzählige PolitikerInnen wegen der Unterstützung „terroristischer Vereinigungen“ verhaftet. Ebenso sitzen mehrere Tausend kurdische Kinder in türkischen Knästen- ihnen wird vor allem die Teilnahme an (militanten) Demonstrationen vorgeworfen und viele von ihnen wurden als „Terroristen“ zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. MenschenrechtsaktivistInnen werden mit Razzien und Ermittlungsverfahren bedroht, wie etwa der Bürgermeister von Diyarbakir, der es wagte, auf einem Kulturfestival in Dersim ein „demokratisches autonomes Projekt“ anzuregen. Zunehmend kommt es auch zu Angriffen türkischer Nationalisten und Faschisten bis hin zu antikurdischen Pogromen wie jüngst in Dörtyol und Inegöl, wo Einrichtungen der demokratischen Friedenspartei BDP, kurdische Läden und Wohnhäuser angezündet wurden. Gleichzeitig führt die türkische Armee seit dem Frühjahr dieses Jahres wieder Krieg in Kurdistan. Bereits während des einseitig von der kurdischen Guerilla HPG verkündeten Waffenstillstandes begann sie – teilweise in Kooperation mit der iranischen Armee- mit schweren Angriffen auf zivile kurdische Gebiete. Seitdem werden ganze Dörfer vernichtet, Wälder, Viehherden und Felder in Brand gesetzt und die Bevölkerung vertrieben. Die kurdische Guerilla hat angesichts der massiven Angriffe des Militärs den Waffenstillstand aufgekündigt und eine Offensive gegen die türkische Armee begonnen. Sie hat erfolgreich Militärstützpunkte angegriffen und sabotiert deren Infrastruktur durch die Zerstörung von Kriegsfahrzeugen, Kriegsgerät transportierenden Zügen und Pipelines für Erdgas und Öl.

Schmutzige Waffen gegen die Guerilla

Auf die Gegenwehr der Guerilla reagiert die türkische Armee mit einer weiteren Brutalisierung ihrer Methoden: Extralegale Hinrichtungen und Folter nehmen zu, die Leichen gefallener GuerillakämpferInnen werden verstümmelt und missbraucht. Nach mehreren Monaten und dem Drängen von Menschenrechtsorganisationen ist jetzt auch in bürgerliche Medien gelangt, dass das Militär wie bereits in den 90er Jahren-chemische Waffen gegen die Guerilla und die kurdische Bevölkerung einsetzt. Die Bilder der zerstörten Körper von Guerillakämpfern in der Region Hakkari belegen dies, aus der Region Dersin ist zudem der Einsatz von Phosphorbomben bekannt. Mit allen Mitteln soll der Widerstand gebrochen und jede Hoffnung auf Veränderung liquidiert werden.

Deutschland als Waffenbruder

Die Unterstützung des Staatsterrorismus gegen die kurdische Bewegung hat eine lange Tradition: unvergessen ist das deutsche Giftgas für den irakischen Angriff auf Halabja 1988 und die an den türkischen Staat verschenkten NVA- Panzer zu Beginn der 90er Jahre. Auch heute noch ist die Türkei mit 14% der wichtigste Abnehmer deutscher Rüstungsgüter. Zuletzt versicherte die Bundeskanzlerin die Lieferung weiterer 56 Leopard 2- Panzer an den NATO- Partner – sie stocken den Bestand auf, den die rot- grüne Regierung mit dem Verkauf von 298 ausgemusterten Exemplaren desselben Typs 2005 geschaffen hatte. Darüber hinaus werden Panzermotoren aus dem Hause MTU, Panzerbauteile der Düsseldorfer Rheinmetall AG und in der Türkei in Lizenz gefertigte G 3- und HK 33- Sturmgewehre und MP 5- Maschinenpistolen von Heckler und Koch (Sitz: Oberndorf am Neckar) gegen die Bevölkerung in Kurdistan eingesetzt. Auch Spezialeinheiten des türkischen Militärs sind gern gesehene Gäste in der BRD, so nahm die „Bordo Bereliler“ (ihr Motto lautet: „Der Tod kommt mit uns“), bereits mehrmals an militärischen Wettbewerben in Deutschland teil. Neben dieser direkten Kriegshilfe setzt die BRD die repressive Politik der Türkei gegen die KurdInnen in westeuropäischen Dimensionen um: vom Verbot der kurdischen Arbeiterpartei PKK seit 1993 über die Diffamierung politischer Selbstorganisation als „Terrorismus“, die Schikanierung und Kriminalisierung von kurdischen Initiativen, Fernsehsendern und Kulturvereinen bis hin zur massenhaften Verweigerung der Flüchtlingsanerkennung und Abschiebungen von politischen AktivistInnen oder deren Angehörigen. Dieses repressive Instrumentarium richtet sich zunächst gezielt gegen die kurdische Befreiungsbewegung – der Staat testet damit aber auch Grenzen im Kampf gegen unliebsame Bevölkerungsteile aus und etabliert Mittel, die zunehmend auch gegen andere fortschrittliche und linke Bewegungen zum Einsatz kommen werden.

Profit und Rohstoffe

Hintergrund der andauernden Unterstützung des Terrorstaates Türkei durch die BRD sind vor allem ökonomische Interessen. Die Türkei ist nicht nur für die Rüstungsindustrie bedeutsam, sondern auch für die gesamte deutsche Exportwirtschaft. Zudem ist die BRD der größte ausländische Investor in der Türkei: Firmen wie Daimler, Siemens und Bosch produzieren hier. Gerade in Zeiten der (Überproduktions-) Krise sind die bürgerlichen Staaten auf günstige, gut zugängliche Absatzmärkte und Produktionsstätten angewiesen. Die türkische Regierungspartei AKP garantiert diese durch eine neoliberale Wirtschaftspolitik, d.h. durch den Abbau von Handelsbarrieren, Privatisierungen, niedrige Löhne und die Behinderung und Einschüchterung von Gewerkschaften und revolutionären Kräften. Durch diese Maßnahmen, die die Lebensbedingungen für das türkische und kurdische Proletariat verschlechtern, wird die Türkei umso attraktiver für das deutsche und europäische Kapital. Darüber hinaus ist die Türkei für die imperialistischen Staaten und Zusammenschlüsse von enormem geostrategischen Interesse. Sie gilt als Tor zum Mittleren und Nahen Osten und den dortigen Rohstoffquellen wie bspw. durch die Erdgaspipeline Nabucco, mit deren Bau im Jahr 2011 begonnen werden soll. Die kurdischen Gebiete und der immer noch von der PKK aufrecht erhaltene Anspruch, eine basisdemokratische emanzipierte Gesellschaft aufzubauen, stehen dieser Sicherheits- und Expansionspolitik im Wege.

Befreiung als Perspektive

Es gilt, Widerstand gegen die menschenverachtende Kriegspolitik des türkischen Staates aufzubauen. Dabei muss die Beteiligung der BRD als Waffenlieferant und Repressionsorgan gegen die hier lebenden KurdInnen deutlich gemacht und besonders die kapitalistische Profitlogik als Ursache dafür verstanden werden. Die antimilitaristische Forderung, Krieg und Besatzung zu beenden, muss verknüpft werden mit der Forderung nach einer Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse und letztlich mit der Vision einer solidarischen klassenlosen Gesellschaft. Dafür ist es auch notwendig, dass die deutsche Linke sich von der undifferenzierten Kritik an Konzept und Praxis „nationaler Befreiungsbewegungen“ verabschiedet und bereit ist, mit den fortschrittlichen Teilen dieser Bewegungen zusammen zu arbeiten. Gemeinsam müssen wir als kurdische, türkische und deutsche Linke die sozialen und antimilitaristischen Kämpfe führen. Denn nur zusammen werden wir eine Perspektive auf ein Ende von Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung haben!

Gegen Krieg und Repression – Internationale Klassensolidarität aufbauen!

Dieser Aufruf wird unterstützt von:
Revolutionäre Linke Heilbronn
Revolutionäre Aktion Stuttgart
Antifaschistische Jugend Ludwigshafen/ Mannheim
Interventionistische Linke Karlsruhe
Marxistische Aktion Tübingen
Antifaschistische Linke Freiburg

Alle Infos zur Demo:
kurdistandemoheilbronn.jimdo.com

Broschüre als Download:
PDF-Datei [9,1 MB]

Frieden und Freiheit für Kurdistan!