No pasaran!Über den 19. Februar 2011 in Dresden wurde schon viel geschrieben und erzählt. Kurz: Europas größter Naziaufmarsch wurde von 20.000 Gegendemonstranten zum zweiten Mal in zwei Jahren blockiert – die Faschisten konnten nicht marschieren. Am Rande der Blockadepunkte gab es vereinzelt Rangeleien mit der Staatsmacht, zum Teil wurden Angriffe entschlossen abgewehrt. Wie es häufig bei solchen Großereignissen vorkommt, trafen auch diesmal wieder Antifas auf den politischen Gegner und klärten diese Situation auf. Alles kein großes Drama mag man meinen – anders sieht es die Dresdner Polizei.

Mitte Mai wurden Briefe an Busunternehmen verschickt (die Tageszeitung „Junge Welt“ berichtete bereits über Fälle in NRW), die „durch polizeiliche Aufklärungskräfte“ am 19. Februar 2011 identifiziert wurden, Gegendemonsstranten in die Landeshauptstadt gefahren zu haben. Die „Sonderkommission 19/2“ der Polizeidirektion Dresden ermittelt demnach wegen zahlreicher Gewaltdelikte, die an dem Tag laut Polizei begangen wurden. Als Teil der Ermittlungen wegen des „Verdachts des besonders schweren Falls des Landfriedensbruches“ gemäß §§ 125, 125a StGB veruchen die Ordnungshüter nun inoffizielle Mitarbeiter aus den Reihen der Busunternehmen zu gewinnen. Hunderte Busse machten es möglich, dass Tausende Antifa aus allen Himmelsrichtungen am 19. Februar die Nazis zurückdrängen konnten.

Im höflichsten Beamten-Deutsch versucht die Staatsmacht die Busunternehmen unter Druck zu setzen, um Informationen über die Reisenden zu erpressen. Die 14 verfassten Fragen können für die Ermittlungsbehörden und letztlich für den Staats- und Verfassungsschutz bei entsprechender Beantwortung einiges an Information über antifaschistische Strukturen bieten. So wollen sie bspw. wissen, wo genau Pausen eigelegt wurden, welche Fahrtstrecke zurückgelegt wurde, ob es Kontakt während der Reise zu anderen Reisegruppen gab und wie die Kommunikation zwischen Fahrgästen und Fahrzeugführer war. Desweiteren wird der genaue Zielort erfragt, der genaue Ort des Ausstiegs, die örtliche Herkunft der Mitreisenden usw. usf. Überrascht hat zudem die Frage, ob wir Fahnen, Stangen und Transpis mitgeführt haben. Die Antwort lässt sich in diesem Fall als Gegenfrage formulieren: Habt ihr etwa , bezahlte Schläger in Uniform, Knüppel, Reizgas und Helme mit euch geführt?

Letztendlich versucht der Repressionsapparat durch diese Art der Erkenntnisgewinnung mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Einerseits sollen unsere Busfahrer dazu bewegt werden, als Denunzianten tätig zu werden und antifaschistische Strukturen zu durchleuchten. Andererseits sollen mit solcherlei Schreiben natürlich auch die Busfahrer selbst eingeschüchtert werden, damit sie nicht nochmal ihre Dienste für eine fahrt nach Dresden anbieten mögen.Dies reiht sich nahtlos in die rechte Linie der sächsischen Innenpolitik ein. Nicht die organisierten Faschisten müssen Repression fürchten, sondern diejenigen Aktiven, die sich für Demokratie und Freiheit einsetzen. Beispiele gibt es genügend. So wurde am Abend des 19. Februar 2011 das Pressezentrum des Bündnisses „Dresden Nazifrei“ vom SEK überfallen. Einige Wochen später gab es im April Hausdurchsuchungen im alternativen Dresdener Wohnprojekt „Praxis“ und bei zahlreichen Einzelpersonen in Sachsen, Brandenburg und Berlin, denen die „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ nach §129 StGB vorgeworfen wird.

Wir verurteilen diese Repressionsmaßnahmen auf das Schärfste. Die betroffenen Busunternehmen sind in keinster Weise verpflichtet mit der Polizei zu kooperieren. Wir lassen uns nicht kriminalisieren, denn es ist klar:

Wo Faschisten agieren ist Widerstand Pflicht!
Unsere Solidarität gegen ihre Repression!

Brief der Polizeidirektion Dresden: Seite 1 | Seite 2